Agrarblogger informieren über Hofalltag

Text: Dr. Elisabeth Menke . Fotos: Detlef Güthenke

Ob Kühe melken oder Gülle ausfahren: Mit Fotos und Videos machen junge Landwirtinnen und Landwirte auf ihre Liebe zum Beruf aufmerksam. Auf dem Instagram-Kanal farmlife_owl präsentieren sie die Vielfalt ihrer Arbeit. Es geht um Acker, Futteranbau, Aussaat und Ernte, Biodiversität und Klimawandel. Die Hauptdarsteller sind Kälbchen und Kühe, Ferkel und Schweine, aber auch Landmaschinen, die zu rockigen Rhythmen über das Feld gleiten.

Kühe sind Content
„Kühe sind die größten Langeweiler der Welt“, sagt Carolin Wagemann. Kühe seien Gewohnheitstiere, die Wert auf einen geregelten Tagesablauf legen. Am liebsten seien ihnen immer die gleichen Melkzeiten, die gleiche Liegebox und die gleichen Personen, die in den Stall kommen. „Wenn jeder Tag gleich abläuft, ist das ein optimaler Kuhalltag“, sagt die 24-Jährige, die eine zweijährige Ausbildung in der Landwirtschaft absolviert hat und jetzt in Osnabrück Landwirtschaft studiert. Sie ist eine von den fünf Agrarbloggern, die nicht nur Kühe zu Content verarbeiten, sondern alles, was auf einem Hof im Laufe des Jahres passiert. Dazu gehört auch das Ausfahren der Gülle, über das Bjarne Horstmann in einem Video berichtet. Der 24-jährige Agrarbetriebswirt zeigt darin, wie die Gülle das Wachstum fördert. Auch wenn bei dem Thema Gülle viele die Nase rümpfen, auf dem Instagram-Kanal farmlife_owl ist das Video ein Renner. Bjarne Horstmann arbeitet auf dem Hof Potthoff in Steinhagen. Mit seiner Hilfe finden die 280 Kühe jeden Morgen den Weg ins Milchkarussell. Einen Job im Büro kann er sich nicht vorstellen. Er möchte draußen sein, in der Natur arbeiten, mit Tieren und auch mit Maschinen. In seiner Ausbildung hat er auf mehreren Höfen Erfahrungen gesammelt und ein Gesellenjahr in Neuseeland absolviert.

Einfach loslegen
Seit September 2021 ist der Instagram-Kanal farmlife_owl am Start. „Die Idee kam von meiner Kollegin“, sagt Anja Mettenbrink, die beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband für die Regionale Öffentlichkeitsarbeit-Lippe zuständig ist. Die fünf Agrarblogger organisierten sich zunächst als WhatsApp-Gruppe und legten dann los. Jeder steuerte Geschichten, Bilder und Videos aus seinem Bereich zu.

Durch ihre Arbeit auf dem Instagram-Kanal hat die Gruppe, zu der auch Simon Fritsche, der auf dem Spargelhof Große Wächter in Verl arbeitet, und Philipp Pelzer aus Rahden gehören, inzwischen schon einige Aufmerksamkeit erregt. Vor kurzem war Stern-TV auf dem Hof Potthof zu Gast, um Bjarne Horstmann zu seinem Beruf zu interviewen.

Momentaufnahmen
Was gepostet wird, entscheidet sich spontan. Es gibt keinen Redaktionsplan, keine langwierigen Absprachen. „Man macht einfach“, sagt Bjarne Horstmann und eigentlich geht es auch gar nicht anders. Neuigkeiten gibt es jeden Tag, aber nicht immer ist Zeit dafür, das Handy in die Hand zu nehmen und ein kurzes Video zu drehen. Wenn die Arbeitstage wegen der Ernte lang werden, hat das Internet eine kurze Pause.

Mit ihrem Engagement wollen die jungen Landwirte raus aus der Landwirtschafts-Blase, ran an die Verbraucher, die sie mitnehmen wollen auf eine Art von digitalem Weidegang. Ihre Informationen aus erster Hand sollen auch diejenigen ansprechen, die mit der Landwirtschaft nicht viel zu tun haben. Täglich würden Verbraucher von der Arbeit in der Landwirtschaft profitieren, aber kaum jemand wisse, was dahinter stecke, wie gut die Landwirtschaft hierzulande aufgestellt sei, sagt Bjarne Horstmann. Daran will das Team arbeiten. Ihrem Kanal folgen Menschen in Deutschland, aber auch in der Schweiz und in Österreich. Mehr Männer als Frauen und eher jüngere Menschen: 35 Prozent sind im Alter von 18 bis 24 Jahren.

Wer weiß denn so was
Mit der Rubrik Faktenfreitag werden Themen wie Biodiversität, Pflanzen, Dürre, Wasser und Sonderkulturen vorgestellt. Hier geht es um Wissen und wer mag, kann sich gern dem kleinen Faktenquiz stellen und zum Beispiel beantworten, wieviel Wasser Humus speichern kann, welche Pflanzen durch den Anbau von Ackerbohnen ersetzt werden können oder auch wieviel Ökolandbau es in Deutschland gibt. – Da hilft eine kurze Recherche oft mehr als das Raten, zumindest für Menschen, die nicht in der Landwirtschaft zu Hause sind.

Durch ihren Instagram-Kanal sind die Blogger sensibilisiert für das, was reine Fachsprache ist und was auch andere verstehen können. „Man schaut genauer hin“, sagt Bjarne Horstmann. „Die Arbeit, die eigentlich automatisch von der Hand geht, wird einem bewusster.“ Carolin Wagemann hat bemerkt, dass sie mehr auf ihre Worte achtet und mit ihren Beiträgen darauf abzielt, dass alles verständlich bleibt.

Das Glück suchen und finden
Landwirtschaft hat Perspektive. Auch wenn lange Arbeitstage, fehlender Urlaub und die Auswirkungen der Klimaentwicklung Herausforderungen für den Beruf darstellen, gibt es für Carolin Wagemann keine andere Option. „Ich brauche Kühe um mich herum.“ Es gibt vieles, dass sie an diesen Nutztieren mag: zum Beispiel ihre Neugier und ihr soziales Wesen. „Kühe haben beste Freundinnen und sie erkennen bis zu 100 Tiere wieder“, sagt Carolin Wagemann. Nur die Klauenpflege sei nicht ihr Favorit, da helfe nur freundliche Überredungskunst.

Die Argarstudentin will in den nächsten
Jahren den elterlichen Hof in Borgholzhausen übernehmen. Für Bjarne Horstmann kommt für die Zukunft nichts anderes als die Landwirtschaft in Frage. Auch Anja Mettenbrink, die sich neben ihrer Arbeit beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband auf dem Hof ihrer Eltern einbringt, will der Landwirtschaft treu bleiben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert