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Den eigenen Film auf der großen Leinwand sehen: Diesen Traum erfüllt das Medienzentrum Gütersloh mit dem Projekt GT-Clips und vermittelt ganz nebenbei noch jede Menge Medienkompetenz.

Im Jahr 2007 startete das Projekt unter dem Namen „Klappe – die …“. Seit 2013 heißt es aufgrund patentrechtlicher Probleme „GT-Clips“. Ins Leben gerufen hatte es der damalige Leiter des Medienzentrums, Martin Husemann, nach dem Vorbild der
Videoaktionswochen des Bielefelder Kanal

  1. Bis 2018 kooperierten das Medienzen-trum und der Kanal 21. Seit 2019 läuft das
    Projekt in Eigenregie, unterstützt vom Bielefelder Regisseur und Filmemacher Carsten Panitz. Insgesamt können etwa 150 Schüler-innen und Schüler pro Jahr teilnehmen, für die die Teilnahme kostenlos ist. Das Projekt findet im jährlichen Wechsel zwischen den Altersstufen 1. bis 6. Klasse und ab der 7. Klasse sowie Jugendeinrichtungen der jeweiligen Altersstufe statt.

Die Klasse wird zur Filmcrew
Und so geht’s: Kinder und Jugendliche werden zu Filmcrews und drehen 90-sekündige Clips. Vorgaben gibt es nicht, außer beim Thema und der Dauer des Filmes. So haben die Filmcrews bei der Entwicklung der Handlung, der Auswahl der Drehorte oder der Umsetzung des Skriptes freie Hand. Die Drehphase startet im späten Frühjahr und dauert ungefähr drei Wochen. In dieser Zeit schlüpfen die Kinder und Jugendlichen in die Rollen der Regisseurinnen oder Regisseure, Schauspielerinnen und Schauspieler, Drehbuchautorinnen und -autoren sowie der Kameraleute. Eine Gruppe besteht aus maximal acht Personen. 
Medienpädagogische Expertinnen und Experten (Teamende) begleiten die Dreharbeiten und stehen den Kindern und Jugendlichen bei allen technischen Fragen zur Seite. Auch um das technische Equipment muss man sich nicht kümmern, denn das stellt das Medienzentrum zur Verfügung. Dabei wird im Vorfeld geklärt, was überhaupt benötigt wird. Da geht es zum Beispiel auch darum, ob mal ein Greenscreen für Trickaufnahmen bereitgestellt werden muss. Demnächst verfügt das Medienzentrum im Rahmen des Digitalpaktes 2.0 auch über ein hervorragend ausgestattetes Technikpaket (Digital Making Places), das unter anderem auch für die Filmproduktion genutzt werden kann.

Aktuelles als Filmthema
„Die Umsetzung des Projektes wird durch die Unterstützung zahlreicher Sponsoren ermöglicht“, so Petra Poggenklas vom Medienzentrum. Die Sparkassen im Kreis Gütersloh und die Jugendämter der Städte Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück, Verl und des Kreises Gütersloh, das Netzwerk Gewaltprävention des Kreises Gütersloh sowie der Verein zur Kriminalprävention im Kreis Gütersloh sind von Anfang an dabei. Zusammen mit den Sponsoren wird auch das jeweilige Motto des Projektes diskutiert und festgelegt. Dabei geht es immer um aktuelle Themen, wie etwa „Respekt!?“, „Alles FAKE?!“ oder ganz aktuell „Unsere Welt“.
Steht das Thema fest, werden Schulen und Jugendeinrichtungen angeschrieben, und die Bewerbungsphase beginnt. Sobald die teilnehmenden Einrichtungen und Drehtermine feststehen, kann die Drehphase beginnen. Vorab kontaktieren die Teamenden die Lehrkräfte beziehungsweise Mitarbeitenden der Jugendeinrichtungen und informieren sich über die inhaltlichen Pläne. An den Projekttagen vor Ort ist im Idealfall schon alles so vorbereitet, dass es eine Art Storyboard gibt, Kostüme und Set stehen und bereits geprobt wurde.

Die wichtigsten Berufe beim Film
Am Drehtag erfolgt zu Anfang eine Technikeinführung, in der erklärt wird, wie Kamera und Ton funktionieren. Und natürlich wird über die „wichtigsten“ Berufe beim Film gesprochen. Dann geht es an die Aufgabenverteilung. „Bei älteren Schülerinnen und Schülern funktioniert das meist recht gut. Bei den jüngeren muss man die Aufgaben in jeder Szene neu verteilen, damit sich niemand benachteiligt fühlt“, so Petra Poggenklas. Es gäbe aber auch Gruppen, die darauf bestehen, dass alle vor der Kamera stehen und die Teamenden die technische Arbeit übernehmen. Andere wollen gar keine Unterstützung, dann fungiert der Teamende als Aufnahmeleiter, der vor allen Dingen die Zeit im Blick hat und dafür sorgt, dass am Ende des Tages alles gedreht ist.
Die Dreharbeiten dauern häufig so lange, dass höchstens Zeit bleibt, das Material gemeinsam zu sichten. „Das ist durchaus wichtig, damit alle sehen, was sie geleistet haben“, sagt Jasmine Buschmann vom Medienzentrum. In den meisten Fällen stellen die Teamenden die Filme dann zu Hause fertig.
Bei den Dreharbeiten sind die Kinder meist sehr konzentriert und mit viel Freude dabei. „Alle haben im Vorfeld gemeinsam eine Geschichte erarbeitet, Rollen verteilt, Kostüme zusammengesucht, manchmal sogar Kulissen gebastelt, und dann kommt jemand mit Kameras, die eben nicht einfach nur Smartphones sind, mit Mikrofon und Tonangel, und dann wird es schon aufregend. Das gilt im Übrigen für Grundschülerinnen und -schüler genauso wie für Schülerinnen und Schüler der Oberstufen“, sagt Carsten Panitz.

Kreatives Ausprobieren wird gefördert
Es sorge für gute Stimmung, dass man sich innerhalb der Schulzeit kreativ ausprobiert, ohne die durch den Schulalltag vorgegebene Struktur. Häufig bekommt Panitz auch die Rückmeldung von den Lehrkräften, dass sich Kinder, die sich im Unterricht eher unauffällig und schüchtern verhalten, beim Dreh aufblühen und offen und aktiv werden.
„Das ist praktizierte Medienbildung“, meint der Leiter des Bildungsbüros und des Medienzentrums, Dr. Norbert Kreutzmann. Man käme mit den Kindern ins Gespräch, sie können sich kreativ ausleben und die Rollen selbst schreiben. Gleichzeitig könne man mit ihnen auf Augenhöhe über Verantwortlichkeit und den Umgang mit Medien sprechen.

Premiere im Bambikino
Alle Filme feiern zum Abschluss des Projektes kurz vor den Sommerferien Premiere im Bambikino in Gütersloh. Die Kids sehen ihren eigenen Film dann zum ersten Mal auf der großen Leinwand. Dann ist die Aufregung natürlich immer groß. Nach der Premiere gibt es für alle Teilnehmenden eine Urkunde und eine DVD mit den Filmen, die im Rahmen der Projektphase entstanden sind. Eine klassische Preisvergabe gibt es nicht. Stattdessen werden Sonderpreise für zum Beispiel besondere schauspielerische Leistung, witzige Filmideen, Kreativität und Ähnliches vergeben. „Nicht der Wettbewerbsgedanke soll im Vordergrund stehen, sondern das Forschen, die Kreativität und das Ausprobieren. Kinder sollen hier die Möglichkeit haben, den Prozess selbst zu gestalten und auch mehr Eigenverantwortung zu übernehmen“, so Kreutzmann.
Mal davon abgesehen hat das Projekt auch in anderer Hinsicht nachhaltige Effekte.  „Bei einem medienpädagogischen Projekt mit einer 10. Klasse habe ich zwei Schülerinnen wiedergetroffen, die mir erzählten, dass ich bei ihnen in der 6. Klasse einen Kurzfilm gemacht habe. Das sei der Grund, warum sie angefangen haben, sich für Filme zu interessieren. Auch bei anderen Projekten gab es immer wieder Teilnehmende, die mich dann länger begleitet haben oder die ich in anderen Projekten wiedergetroffen habe“, so Carsten Panitz über die Filmbegeisterung, die mit den GT-Clips geweckt werden kann.

Der Anfang einer Filmkarriere?
Man verändere sicherlich nicht jedes Mal Lebenswege, wenn man für ein Tagesprojekt wie die GT-Clips in eine Klasse kommt. „Aber man gibt eine andere Perspektive, kommt mit einem anderen Ansatz als die Lehrenden in den Unterricht und gibt einen Einblick in etwas, das Schule normalerweise so nicht leisten kann“, ist Petra Poggenklas überzeugt. Und dann ist da der Aspekt, dass man in einer sehr kurzen Zeit lernen muss, zusammenzuarbeiten, sich in der Gruppe zu verständigen, verschiedene Meinungen unter einen Hut zu bringen und sich auch einmal zu streiten, ohne den Respekt voreinander zu verlieren – um dann am Ende ein Ergebnis zu feiern, dass man allein nicht hinbekommen hätte. „Und wenn dann das nächste Mal jemand sein Handy nimmt und etwas filmt und sich vielleicht an etwas erinnert, was er oder sie gelernt hat über Bildaufbau, Schnitt oder Schauspiel oder was auch immer, dann kann das der Anfang einer Filmkarriere sein oder auch nur ein Funke in Richtung Medienkompetenz – in jedem Fall ist etwas hängen geblieben“, freut sich Carsten Panitz. „Im Übrigen gilt das auch für die Teamenden. Wir sprechen auch untereinander über die Gruppen und über besondere Momente mit den Teilnehmenden.“
Ganz klar ist: Bei den GT-Clips, wie auch bei jeder anderen kreativen pädagogischen Arbeit gilt: Alle Seiten profitieren. Egal, ob beim Ausleben der eigenen Kreativität und in Sachen Medienkompetenz bei den Schülerinnen und Schülern oder bei den Teamenden, die die Freude der Kinder beim Projekt erleben.

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