Foto: Detlef Güthenke

Es wird geforscht, gerechnet und skizziert, geschraubt und gelötet. Es wird zusammengesetzt, auseinandergenommen und wieder zusammengebaut. Her rauchen Köpfe, dort werkeln geschickte Hände: In der Ravensberger Erfinderwerkstatt treffen sich die Ingenieure der Zukunft, planen und konstruieren das, was heute bei Wettbewerben ins Rennen geht und morgen vielleicht schon die Welt verändert …

ALEXA braucht unbedingt noch einen tatkräftigen Roboter an ihrer Seite, der selbstständig chaotische Kinderzimmer aufräumt – dieser Meinung sind jedenfalls Behruz und Linus, beide acht Jahre jung. Die Entwicklung hin zu deutlich verbesserten Recycling-Systemen wünscht sich Lenni, und für Fabian, inzwischen diplomierter Ingenieur, ist klar: „Es muss ganz unbedingt eine sich selbst auffüllende Espresso-Tasse erfunden werden. Diese sollte man im gefüllten Zustand in der Jackentasche tragen können.”

Kreative Köpfe
Verantwortlich für solch visionäre Erfindungen, die in der Realität allerdings nur ein bisschen utopisch und vielmehr sorgfältig erforscht und sauber umgesetzt werden, sind kreative Köpfe zwischen 8 und 28 Jahren: Kinder und Jugendliche aller Schulformen und Bildungsgänge und sogar junge Berufstätige. So wie Fabian. Der inzwischen 28-Jährige hat als Steppke in der Ravensberger Erfinderwerkstatt gewerkelt und die Leidenschaft für Technik dann zu seinem Beruf gemacht. Er ist Projektleiter und Ingenieur in der Mineralöl-Branche und schaut den jüngsten Forschern in seiner Heimat aber immer wieder gerne bestärkend über die Schulter. Zur etwas jüngeren Garde gehören unter anderem der 14-jährige Lenni und die 17-jährige Jule: Letztere forscht über den Einsatz von karotten-roten Carotiden in Baumwoll-Färbung und konnte sich damit für das Finale von Jugend Forscht qualifizieren. In diesem Jahr heimste sie zudem den renommierten Umweltpreis des Landes NRW ein.

Den jungen Forscher zur Seite steht unter anderem Kirsten Biedermann. Der Lehrer ist Ansprechpartner, Kritiker, Mentor – und immer zur Stelle, wenn „Gefahr für Material und Gesundheit besteht“, so skizziert der engagierte Pädagoge sein Tun. Ansonsten sollen die jungen Forscher möglichst selbstständig denken, tüfteln und bauen. Neben zündenden Ideen, praktischer Intelligenz und geschickter Fingerfertigkeit ist Teamfähigkeit ein ganz wichtiger Skill, um in der Erfinderwerkstatt mitmachen zu können. Schließlich werden viele Projekte in Gruppen bearbeitet, und da muss man dann eben auch mit anderen Entdeckern klarkommen und sein Wissen teilen. „Die Kinder und Jugendlichen lernen enorm viel voneinander. Während der Zusammenarbeit oder durch den Vergleich miteinander”, sagt Kirsten Biedermann und ergänzt, dass die Kids nicht nur erfinden: „Die jungen Erfinder machen sich tatsächlich von der Produktidee und dessen Entwicklung bis hin zur Vermarktung, zu Businessplan & Co Gedanken und finden auf allen Ebenen Wettbewerbe, an denen sie teilnehmen können, um externes Feedback zu bekommen und sich mit Gleichgesinnten aus ganz Deutschland auszutauschen.“ Ob beim Bobby Car Solar Cup, bei Robotik oder bei der Langen Nacht der Mathematik, Wettbewerbe, für die Projekte vorbereitet, Ideen in die Tat umgesetzt und Vorzeigemodelle ausgetüftelt werden müssen, gibt es reichlich. Somit haben die Forscher immer Themenfelder zu beackern und Ziele vor Augen.

Sonnige Kraft voraus
Solar betriebene Fahrzeuge gehören zu den Top-Themen, mit denen sich die jungen Erfinder beschäftigen: Hier werden die raffiniertesten Fahrzeuge konstruiert und beständig weiterentwickelt: Die solare Ausbeute wird optimiert, und es wird an der Karosserie gefeilt, Motoren werden verstärkt, Lenkungen präzisiert. Und immer wieder Probefahrten … So sind die Mobile Jahr für Jahr championatsfähig und bei den meisten Wettbewerben ganz vorne mit dabei.

Doch nicht nur der Erfolg ist es, der die Technik-Talente antreibt: Sie lieben es einfach, zu erfinden: „Für mich ist es besonders spannend, immer neue Dinge über meinen Roboter herauszufinden! Es macht einfach Spaß und wird nie langweilig“, erklärt Linus. Behruz verrät: „Das Erfinden beruhigt mich, und dann tauche ich leichter in meinen Gedanken und meine Fantasie ein.“ „Das könnte ich den ganzen Tag machen, und es macht viel mehr Spaß als Schule“, sagt Lenni, der darauf hinweist, dass man gar nicht besonders gut in der Schule sein muss, sondern eben nur kreative Ideen benötigt. Das bestätigt auch Jule: „Ich glaube, ein echter Erfinder oder Entdecker braucht eigentlich nur zwei Dinge: Neugier und Motivation. Aus diesen beiden Dingen entsteht ganz natürlich eine Idee, der man nachgehen möchte, oder man erkennt ein Problem, das man lösen will. Die Schule hat mit dem Erfinden´ nicht wirklich etwas zu tun.“ Die passionierte Zukunfts-Biologin liebt das Produkt ihrer Forschungen und sagt: „Für mich ist das Tollste amErfinden´ das Ergebnis. Wenn man am Ende eines oft langen, schwierigen und manchmal frustrierenden Prozesses eine Entdeckung oder einen Fortschritt macht, der zur Lösung verhelfen kann, dann zahlt sich die Mühe nicht nur aus, sondern man kann auch stolz auf sich und das, was man geschaffen hat, sein.“
Fabian ist als studierter Ingenieur begeistert von den Prozessen, die zu Innovationen führen: „Das Schönste rund ums Thema Forschen und Erfinden sind für mich mehrere Dinge beziehungsweise Momente: Wenn ich eine Idee habe und ich direkt überlege, wie ich diese realisiere. Wenn ich während des Umsetzens feststelle, dass ich die Idee tatsächlich verwirklicht bekomme oder sogar noch eine noch bessere Lösung als zunächst gedacht finde. Und wenn ich das erste Mal die „Erfindung“ in der Hand halte. Es ist oft kniffelig oder schwierig, beispielsweise, wenn unerwartete Hindernisse vor einem auftauchen. Das kann ein fehlendes Teil sein, ein nicht verstandener Zusammenhang oder Frust, weil die Umsetzung einfach nicht klappt. Das gehört zum Erfinden eben dazu, sonst wäre es über kurz oder lang auch langweilig …”

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