Wie funktioniert eigentlich das Klärwerk Gütersloh?

Im Gütersloher Klärwerk Putzhagen kommen pro Jahr etwa 6,3 Millionen Kubikmeter Abwasser aus privaten Haushalten und Gewerbebetrieben an. Das Abwasser enthält nicht nur Fäkalien, sondern auch Speisereste, Papier oder Reststoffe aus der Industrie. Bevor das Klärwerk das Wasser in die Dalke leiten kann, durchläuft es einen gründlichen Reinigungsprozess.

Fotos: Detlef Güthenke

In den 1930er-Jahren war das alles noch viel einfacher. Da wurden die Abwässer auf den Feldern in Pavenstädt verrieselt. Heute wird das Abwasser im Klärwerk Putzhagen einer intensiven Reinigung unterzogen und erst dann in die Dalke geleitet (Die Abwässer aus Friedrichsdorf, Avenwedde-Bahnhof, Isselhorst sowie Bielefeld-Ummeln, Bielefeld-Quelle und Teilen Bielefeld-Brackwedes fließen übrigens in das Klärwerk „Obere Lutter“.).
Die Kanäle und Druckrohrleitungen, über die das Abwasser zu den Kläranlagen Putzhagen und Obere Lutter gelangt, sind etwa 470 Kilometer lang. Für den reibungslosen Ablauf im Betrieb der Kläranlage Putzhagen sorgen 20 Mitarbeiter, darunter Ingenieure, Fachkräfte für Abwassertechnik, Elektriker, Schlosser und Auszubildende, die die Kläranlage rund um die Uhr im Blick haben.

Dreistufige Reinigung
„Die Reinigung erfolgt in drei Stufen: mechanisch, biologisch und chemisch“, so Karl-Heinz Schröder, Betriebsleiter des Klärwerks. Die mechanische Reinigungsstufe sorgt dafür, dass die groben, sperrigen Stoffe in Feinrechen zurückgehalten werden. Da fangen sich dann Dinge wie Papier, Kondome, Damenbinden und auch sehr viele Q-Tipps. Das „Rechengut“ wird gewaschen, gepresst und in einer Müllverbrennungsanlage verbrannt. Alles Weitere wird in den Sand- und Fettfang befördert. Kies und Sand setzen sich am Boden ab. Fette und Schwimmstoffe werden in Fettkammern geleitet. Der abgesetzte Sand wird gewaschen und auf einer Bodendeponie abgelagert.
Im Vorklärbecken (Volumen 2.500 Kubikmeter) setzen sich aufgrund verminderter Fließgeschwindigkeit weitere organische Stoffe als Schlamm am Boden ab. Der Schlamm wird abgesaugt, eingedickt und in einen Faulbehälter befördert. Damit sind dem Abwasser etwa 30 Prozent der zugeführten Schmutzstoffe entzogen.

Reinigung durch Bakterien
In der zweiten, biologischen Reinigungsstufe kommen Bakterien zum Einsatz. Hier werden Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor durch spezielle Bakterien und deren Stoffwechsel abgebaut. Weil die Bakterien nicht genug Phosphor einlagern, wird dem Abwasser eine Säure zudosiert und der Phosphor chemisch gefällt. In den Nachklärbecken werden die Bakterien vom Abwasser getrennt und wieder in die Belebungsbecken zurückgepumpt. „Wir könnten das Wasser jetzt schon in ein natürliches Gewässer einleiten“, so Karl-Heinz Schröder. „Aber da die Dalke ein kleiner Fluss ist, müssen wir einen noch strengeren Phosphatgrenzwert einhalten.“
Daher fließt das Wasser in die Flockungsfiltration, wo die restlichen Phosphor-Verbindungen chemisch gefällt werden. Anschließend wird ein Großteil des Abwassers noch über Aktivkohle geleitet, um weitere Spurenstoffe zu entfernen. Mit dieser gründlichen Abwasserreinigung ist Nordrhein-Westfalen, neben Baden-Württemberg, ziemlich weit vorne. In anderen Bundesländern sei man noch nicht so weit, so Schröder.

Gas für die eigene Energieversorgung
Der Schlamm aus der Vorklärung und der aus den Belebungsbecken wird in drei Faulbehälter überführt. Hier entsteht als Endprodukt ein Gas mit etwa 70 Prozent Methan und 29 Prozent Kohlendioxid. Das Gas wird in den drei Blockheizkraftwerken der Kläranlage zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. 60 Prozent des Stroms entstehen so über die Eigenversorgung. 40 Prozent werden von den Stadtwerken Gütersloh zugekauft.
Und der Schlamm? Der Klärschlamm wird entwässert und geht dann zur Verbrennung. Seit 2016 wird der Gütersloher Klärschlamm nicht mehr auf Feldern aufgebracht. Phosphor ist allerdings ein wertvoller Rohstoff, daher wurde in der Klärschlammverordnung vom Gesetzgeber grundsätzlich eine Phosphorrückgewinnung vorgesehen, die ab 2029 greifen soll. Die Klärschlammverwertung OWL, die 2020 gegründet wurde, kooperiert ortsübergreifend und organisiert die Verwertung neu und plant und baut eine neue Klärschlammverbrennungsanlage. Aus der bei der Verbrennung anfallenden Asche soll dann Phosphor zurückgewonnen werden.

Dauerregen macht sich auch im Klärwerk bemerkbar
Auch der Dauerregen ist an der Kläranlage nicht spurlos vorübergangen. „Das Klärwerk ist auf einen Abwasserzulauf von 3.500 Kubikmetern pro Stunde ausgelegt. Normalerweise kommen so 1.300 bis 1.400 Kubikmeter pro Stunde an. Beim Dauerregen flossen zum Teil deutlich mehr als 2.000 Kubikmeter durch die Kanäle ins Klärwerk.” Schröder, der seit 1997 hier arbeitet, hat das in dieser Form und Intensität noch nie erlebt. Durch die hohen Wassermengen kamen auch einige undichte Leitungsstellen im Stadtgebiet zu Tage. Und das, obwohl die Kanäle regelmäßig untersucht und repariert werden.
Ebenso regelmäßig werden die Kanäle gereinigt. Zwei Spülwagen sind unterwegs und säubern die Abwasserkanäle in einem Rhythmus von drei Jahren einmal. Und wer jetzt denkt, dass in so einem Klärwerk merkwürdige Dinge angespült werden, der irrt. Manches passt nicht durch die Kanäle, anderes zerschreddert an den Wänden der Rohre. Einen in die Toilette gefallenen Ehering bekommt man nicht wieder, ebenso wenig wie einen Geldschein. Aber eine gute Chance hat man, wenn ein Schlüssel in den Gulli gefallen ist. Den retten die Mitarbeiter des Kanalbetriebs mit einem kleinen Magneten und haben eine Erfolgsquote von 100 Prozent.

DONT’S
Das gehört nicht ins WC

» Kein Essen ins WC schütten. Das lockt Ratten an.
» Keine scharfen Haushaltsreiniger.
Sie machen die Rohre kaputt.
» Feststoffe, wie Q-Tipps, Hygieneartikel, Feuchttücher(!), Kondome, Windeln, Wattepads, Putzlappen

Kurz gesagt:
Alles, was durch den Körper geht, darf auch in die Toilette.

To do!
Schutz gegen Rückstau

Der Dauerregen hat es an den Tag gebracht. In vielen
Häusern gibt es keine Rückstausicherung. Karl-Heinz
Schröder empfiehlt den Einbau oder die Nachrüstung
dringend. Rückstauklappen oder Hebeanlagen schützen
das Gebäude im Falle eines Rückstaus vor dem Eindringen
von Wasser aus dem öffentlichen Kanal. Beratung,
Planung und Betreuung der Baumaßnahmen übernehmen Ingenieurbüros oder Sanitärfachbetriebe.

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