Fotos: Detlef Güthenke

Mit dem Verschenken ist jetzt erstmal Schluss. Ab September 2022 will Manfred Völkl mit seinen selbst gedrechselten Holzkunstwerken Geld verdienen. Bei der Frage, warum er diesen Entschluss erst jetzt, kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter, gefasst hat, muss der 64-Jährige selber schmunzeln: „Gut Ding will Weile haben – und in meinem Fall hat die Weile halt 30 Jahre gedauert.“

Wie gut der gebürtige Rietberger diese Zeit genutzt hat, zeigt die Vielzahl der Kunstwerke, die in drei Jahrzehnten entstanden sind. Ein Teil davon schmückt heute seine Wohnung, den Rest hat Manfred Völkl in den vergangenen Jahren an Freunde und Bekannte verschenkt. „Natürlich ist es nie so ganz leicht, etwas zu verschenken, das man selbst erschaffen hat. Aber wenn ich sehe, wie viel Freude ich damit anderen bereite, ist es jedes Mal ein gutes Gefühl“, erzählt er uns. Ein paar Hundert Exemplare sind auf diesem Weg schon in andere Haushalte gewandert, darunter mundgeblasene Weingläser mit filigranem Holzstiel, kunstvoll gearbeitete Kerzenhalter und Holzschalen sowie größere Holzmöbel wie Anrichten und Designerliegen. Viele Exponate sind zudem mit einem besonderen Accessoire ausgestattet, beispielsweise die Weingläser aus Holz und Glas, deren integrierte Beleuchtung den Kunstwerken und vor allem ihrem Inhalt ein wundervolles Ambiente verleihen. Sein Lieblingsstück hat Manfred Völkl aber nicht aus der Hand beziehungsweise dem Haus gegeben: eine wunderschön gearbeitete Nussbaumschale, die heute seinen Wohnraum schmückt. „Da steckt wirklich zu viel Arbeit drin, als dass ich dieses Stück einfach verschenke. Daran möchte ich mich dann doch schon selbst erfreuen.“

Am Wochenende geht‘s in die Werkstatt
Die Tatsache, dass Manfred Völkl seine Kunstwerke verschenkt, ist schon außergewöhnlich. Es ist aber kaum zu glauben, dass all die kleinen und großen Kunstwerke ausschließlich nach Feierabend und am Wochenende entstanden sind. Stunde um Stunde hat Manfred Völkl, der ansonsten in Vollzeit als Tischler in einem mittelständischen Holzbetrieb in Rietberg arbeitet, in seiner kleinen Werkstatt verbracht, die er Anfang der1990er-Jahre in seiner Garage eingerichtet hat. Neben der klassischen Drechselbank finden sich hier zahlreiche Holzwerkzeuge und -maschinen, die er für seine Arbeiten einsetzt. Da es auch mal laut werden kann, „vor allem, wenn die Kreissäge anspringt“, ist die Garage schallisoliert. Eng und staubig ist es hier, aber für Manfred Völkl, der sich die Kunst des Drechselns selbst beigebracht und in Wochenendseminaren und Weiterbildungskursen vertieft hat, ist es ein Ort voller Kreativität und Schaffenskraft „Natürlich habe ich am Beginn jeder Produktion immer eine Vorstellung, was entstehen soll. Oft entwickele ich aber im Prozess noch weitere oder neue Ideen, die ich dann einfließen lasse.“ Oft geht es bei den Arbeiten um die Verbindung des Grundwerkstoffes Holz mit anderen Materialien, eine Kombination, die seinen Kunstwerken eine besondere Note verleiht. So beherrscht der ehemalige Hobby-Modellbauer mittlerweile eine ganze Reihe weiterer handwerklicher Fähigkeiten, angefangen bei der Kunst des Drechseln bis hin zu Stein- und Metallarbeiten. „Aber auch wenn all diese Verfahren zur Anwendung kommen: mein Herz gehört nach wie vor dem Drechseln“, verrät er uns augenzwinkernd.

Keine Industriehölzer
Ebenso viel Sorgfalt, wie Manfred Völkl den handwerklichen Arbeiten an seinen Kunstwerken zukommen lässt, verwendet er schon im Vorfeld dieser Arbeiten, bei der Auswahl der zu verwendenden Hölzer. So entstehen die Kunstwerke von Manfred Völkl aus Bäumen und Ästen. In den Wald brauchte er aber nicht zu gehen. „Freunde und Nachbarn, die um meine Leidenschaft wissen, bringen das Holz direkt nach Hause oder sagen Bescheid, wo ich es abholen kann.“ Kaum ist das Material im Haus, beginnt auch schon der Vorbereitungs- und Bearbeitungsprozess. Nachdem die Bäume aufgeschnitten sind, wird zunächst die Rinde entfernt. Dann legt Manfred Völkl das Holzstück in einem Behälter mit Wasser und dämpft es über einen längeren Zeitraum. Dieser Prozess dient dazu, die Poren des Werkstücks zu öffnen. Danach wird das Holz mit Leim bestrichen. Eine Seite bleibt frei. Dadurch wird die spätere Verarbeitung erleichtert, und die Gefahr von Riesen und Sprüngen im Holz sinkt. Einziges Problem: Damit das Material später gut verarbeitet werden kann, muss es vollständig durchtrocknen. Ein langwieriger Prozess, der Jahre in Anspruch nimmt. „Die Hölzer, die ich für meine Kunstwerke nutze, liegen in der Regel zehn Jahre. Erst dann kann ich sie verwenden“, erzählt uns Manfred Völkl beim Gang durch sein Holzlager, das nur wenige Schritte von der Werkstatt entfernt liegt. Neben Kirsche, Birnenbaum und Eiche, den Lieblingshölzern von Manfred Völkl, finden sich hier zahlreiche weitere Holzsorten, immer schon in handlichen Stücken aufbereitet Jeder Scheit Holz ist ordentlich beschriftet, nummeriert und katalogisiert. Die ältesten Hölzer stammen danach aus der Mitte der 1990er-Jahre. Diese Natürlichkeit des Werkstoffes ist für Manfred Völkl ein wichtiges Merkmal seiner Arbeit: „Die Basis meiner Kunstwerke ist immer natürliches Holz und nicht industriell gefertigtes. Darauf lege ich schon großem Wert.“

Im September kann es losgehen
Ende des Jahres könnte der passionierte Tischtennisspieler und Jogger seinen wohlverdienten Ruhestand antreten. Eigentlich eine schöne Aussicht, die ihn tatsächlich beflügelt, wenn auch in anderer Art und Weise als viele seiner Altersgenossen. „Endlich habe ich genug Zeit, mich voll und ganz meinem Hobby zu widmen und nicht mehr nur am Wochenende und nach Feierabend zu drechseln.“ Das notwendige Kleingewerbe hat er schon angemeldet und ein Holzfachhandel, der ihm Ausstellungsflächen zur Verfügung stellt, ist auch schon gefunden. Was ihm jetzt noch fehlt, ist nur noch die offizielle Bestätigung der Stadt, dass er im September den Verkauf starten kann. Ein Schritt, dem er aber gelassen entgegensieht. „Schließlich will auch hier gut Ding Weile haben“, lacht er zum Abschied.

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