Fotos: Detlef Güthenke

Holz war schon immer Teil seines Lebens.  Bereits in seiner Kindheit hat er mit Begeisterung auf dem elterlichen Bauernhof in Melle-Wellingholzhausen in der Werkstatt geschnitzt. Obwohl sein Talent früh ersichtlich war, dachte niemand an einen künstlerischen Weg für den 1977 geborenen Jungen. Aber das „Thema Holz war einfach da.“ Lag es da nicht nahe nach dem Realschulabschluss eine Tischlerlehre zu machen? Nach einer dreijährigen Lehre in einem heimischen Betrieb hatte Obernüfemann wohl einiges über den Fenster- und Türenbau gelernt, aber seine Kreativität lag brach. Und er fragte sich, ob es nur ein Zufall war, dass er 1998 beim Zivildienst einen Tischlerkollegen kennenlernte, der ihm von der Staatlichen Berufsfachhochschule für Holzbildhauer in Bischofsheim in der Rhön erzählte.  

Traum leben
Aber das war’s! Der Gedanke ließ ihn nicht mehr los, und er bewarb sich zur Aufnahmeprüfung, reichte eine Mappe mit zehn Bleistiftzeichnungen und Fotomaterial von plastischen Arbeiten ein und wurde zur Prüfung eingeladen. Diese bestand aus drei Teilen – einer kleinen Schnitzprobe, einer Modellierprobe und einer Freihandzeichnung. Obernüfemann besteht sie und zählt zu den zwölf der 25 Teilnehmer, die in die Schule aufgenommen werden.  
Die Schule in Bischofsheim bot ihm eine fundierte handwerkliche Ausbildung. Obernüfemann hatte die Wahl, klassisch zu arbeiten und Modelle nachzuschnitzen oder frei zu arbeiten, um sich mehr künstlerisch auszurichten. Er lernte die Grundfertigkeiten des Holzbildhauers wie das Drechseln, Vergolden, Fassmalen, Modellieren, Freihandzeichnen und technisches Zeichnen. Nach drei Jahren macht er 2002 erfolgreich seinen Abschluss und ist staatlich geprüfter Holzbildhauer. Dann stellte sich die Frage: „Was willst Du jetzt mit dem Erlernten machen?“ 
Als freischaffender Holzbildhauer zu arbeiten und diesen Traum zu leben, dafür entschied sich Bernd Obernüfemann. Anfangs war es schwer, denn noch fehlte ein Netzwerk in der Kunstszene, um an Ausstellungen oder Aufträge zu kommen. Erst als ein Zeitungsbeitrag auf ihn aufmerksam machte: „Junger Holzbildhauer lässt sich in seiner Heimat nieder“ – entwickelten sich erste Kontakte. Er wird zu seiner ersten Gruppenausstellung im Kunstverein Dissen (KUK) eingeladen.   
Dem Holzbildhauer geht es wie vielen Künstlern. Er kämpft um den Künstlerstatus und um Anerkennung. Heute steht er auf soliden Beinen, wie er sagt, und erinnert sich lächelnd an die Zeit, als er sich 2003 offiziell als freischaffender Künstler selbstständig machte und auch noch um die Aufnahme in die Künstlersozialkasse streiten musste. Es war eine schwere Zeit, die ihm schon ein wenig Lebensfreude genommen habe. „Hätte ich nicht den Bonus gehabt, mich zuhause mietfrei niederzulassen, dann hätte ich es so nicht machen können“, davon ist Obernüfemann überzeugt. Als die Eltern dann die Landwirtschaft aufgeben, kann er in einem leergewordenen Schweinestall seine erste Werkstatt einrichten.  

Mystisches Spiel aus Licht und Schatten
Dass er beim Holz geblieben ist, zeigt sein umfangreiches Holzlager um einen großen Holzpavillon hinter einer Scheune, den er auch als Außenwerkstatt im Sommer nutzt. Um das Holzmaterial muss er sich kaum kümmern. „Die Leute rufen mich an und bieten mir oft Holz an“, lacht der Bildhauer. Wie die bizarr gewachsene Blauzeder oder der „altehrwürdige Apfelbaum“, aus denen gerade Skulpturen für eine Kindertagesstätte in Hiddenhausen entstehen. In jeder Ecke der Remise gibt es etwas zu entdecken, anzufassen und auch zu erfahren. Jedem Stück Holz kann Obernüfemann etwas abgewinnen. Nur behutsam wird er eingreifen. „Ich spiele gerne mit dem, was mir die Natur vorgibt und lasse mich von der Struktur des Holzes inspirieren“. Passend merkt Fotograf Detlef Güthenke an: „Das Holz so zu würdigen und zu akzeptieren wie es ist, ist auch eine künstlerische Tätigkeit“. Das trifft besonders bei den Lichtobjekten zu, die im Augenblick charakteristisch für Obernüfemanns künstlerisches Schaffen sind. Besonders bei Nacht entwickeln sie ihr reizvoll mystisches Spiel aus Licht und Schatten.  
Holz bleibt für ihn ein anspruchsvoller und eigenwilliger Werkstoff, der ihn immer wieder aufs Neue fasziniert. Und wenn einmal eine Eichenwurzel auseinanderbricht, dann reizt sie den Bildhauer, „etwas Zweiteiliges zu kreieren und gar mit Stahl zu kombinieren.“ Anders ist es bei den figürlichen Objekten, die ein weiterer Schwerpunkt seines Schaffens sind. „Hier steht die Idee am Anfang, und das Material ordnet sich ihr unter.“ Einige dieser Arbeiten finden sich in Obernüfemanns altem Kotten in der Nähe des elterlichen Hofs. Symbolhafte Titel wie „Innere Schau“ lassen den Blick länger über die schraffierte, mit der Kettensäge bearbeitete Oberfläche gleiten. Farbe, Blattgold oder Abflämmen setzen weitere Akzente. Es geht um menschliche Befindlichkeiten, wie um die schmerzhafte Selbsterkenntnis. Adam und Eva verlassen das aus Lindenholz geschlagene „Lost Paradise“, und bei „It’s Time for Revolution“ durchschlägt eine geballte Faust den obersten der drei übereinander gestapelten Würfel. Sie spiegeln den inneren Kampf des Menschen wider. „Aufgestaute Wut und Kritik“ will der Künstler mit einer ironisierenden, schrill farbigen Büste Donald Trumps ausdrücken.   
Lange und akribisch arbeitet der Holzbildhauer an einer Arbeit, „denn sie bietet immer Überraschungen“. Ein weiteres Standbein seiner Freiberuflichkeit ist die Arbeit als Dozent. „Es bereitet mir einfach Freude, mein Können und Wissen weiter zu vermitteln und Menschen auf dem Weg zu ihrer Kreativität zu begleiten“, so der Bildhauer. Seit 2003 leitet er die Holzbildhauerkurse an der Sommerakademie im Bönkerschen Steinbruch in Borgholzhausen und gibt weitere Kurse im In- und Ausland.    
Das Thema Holz ist für Bernd Obernüfemann noch lange nicht ausgereizt: „Eine Skulptur mit meinen Händen zu schaffen, dem ursprünglichen Material ein Geheimnis zu entlocken und etwas Neues zu schaffen, ist für mich die größte Erfüllung“.  

www.bernd-obernuefemann.de

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