Ein Gespräch mit Christoph Hoppe | Foto: Detlef Güthenke
„Wer lesen kann, ist klar im Vorteil“, heißt es so schön. Offensichtlich hatte ich nicht genau genug gelesen: Wir, Detlef Güthenke, der Fotograf, und ich, trafen uns in den hoch modernen Räumen der Fachhochschule Bielefeld, Standort Gütersloh, am Gleis 13. Nach wenigen Minuten wurde klar, dass wir nicht hier, sondern im historischen Gebäude der ehemaligen Druckerei Flöttmann an der Schulstraße verabredet waren. Größer kann er nicht sein, der Unterschied zwischen den beiden etwa einen Kilometer auseinander liegenden Lern- und Lehrorten. Angekommen am ehrwürdigen Backsteinbau aus den 1920er-Jahren freue ich mich auf das Gespräch mit Christoph Hoppe, Masterstudent „Data Science“, der sich die Zeit dafür nimmt, obwohl er gerade an seiner Abschlussarbeit schreibt.
Christoph, was verbirgt sich hinter der Bezeichnung deines Studiengangs „Forschungsmaster Data Science“?
Es handelt sich um einen projektbasierten Masterstudiengang der Fachhochschule Bielefeld am Standort Gütersloh. Bei uns werden Bachelorabsolventen sowohl auf eine Karriere in der angewandten Wissenschaft als auch auf eine berufliche Zukunft in der Industrie vorbereitet. Denn das Besondere an diesem Forschungsmaster ist genau diese Kombination aus dem forschenden und dem anwendenden Aspekt. Anhand von verschiedenen Problemstellungen beschäftigen wir uns hier mit Daten, mit dem Erkennen von Mustern, maschinellen Lernverfahren, künstlichen Intelligenzen und Anwendungsfällen aus der Industrie, Wirtschaft und Forschung. Das geht weit über deskriptive Statistik hinaus.
Wie bist du auf diesen Studiengang aufmerksam geworden?
Als technikversierter Mensch hatte ich mit meinem Bachelor in Wirtschaftsinformatik an der FH Bielefeld eine Richtung vorgegeben. Jetzt war mir nach Spezialisierung. Ich wollte eine neue Schwerpunktsetzung und bin über eine Infoveranstaltung auf diesen recht jungen Studiengang aufmerksam geworden.
Die in Deutschland außergewöhnliche Verquickung aus projektbasierten Studieneinheiten mit klassischen Vorlesungen und Seminaren hat mich besonders gereizt. Ich wusste, dass ich hier unter anderem lernen würde, wie man forscht und publiziert. Die Studierenden kommen übrigens zu zwei Dritteln aus Ostwestfalen-Lippe. Aber es gibt auch Kommilitonen aus dem Ruhrgebiet und sogar aus München. Es studiert sich ganz gut in Gütersloh. Ich komme selbst aus Bielefeld und lebe auch dort. Ich mag die Gütersloher Innenstadt und den Weihnachtsmarkt. Das studentische Flair ist noch etwas ausbaufähig im Vergleich zu einer Stadt wie Bielefeld mit großer Campus-Universität.
Beschreibe gerne mal deinen Alltag im Studium. Wie geht er los?
Ich gehöre zu denen, die während der Coronazeit zunächst komplett online studiert haben. Das führte dazu, dass ich mich zu Hause morgens um 8 Uhr in die Vorlesung eingeloggt habe und dann bis 15.30 oder 16.15 Uhr zur gleichen Themenstellung mit einem Dozenten zusammen mit meinen Kommilitonen am Bildschirm gearbeitet habe. Da wir eine kleine, familiäre Gruppe sind – in meinem Semester gibt es nur vier Studierende – hatte eigentlich jeder seine Kamera eingeschaltet. Als sich hinsichtlich der Pandemie alles zunehmend entspannte, haben wir mit hybriden Veranstaltungen begonnen, so konnte sich zum Beispiel der Kommilitone aus München einfach zur Präsenzveranstaltung online dazuschalten.
Was macht das Studium für dich als angehenden Data Scientist attraktiv?
Was mir wirklich gut gefällt, das sind die kleinen Gruppen. Wir sind per Du und profitieren von einer engen Betreuung und dem intensiven Praxisaustausch unter den Mitstudierenden. Ich kann zwei wissenschaftliche Mitarbeitende mit meinen Fragen löchern und fühle mich entsprechend gefördert, aber auch gefordert. Wir haben einen sehr engen Zusammenhalt untereinander – das Gegenteil von anonym also. Der Großteil ist am Ball geblieben. Die Studierenden sind hoch motiviert und besitzen eine große Durchhaltefähigkeit.
Es geht mir nicht darum, einfach nur den Mastertitel zu erlangen. Ich finde den projektbasierten Ansatz richtig cool und einzigartig. Wissenschaftliches Arbeiten, wissenschaftliches Schreiben, die praktische Anwendung und das Präsentieren der Ergebnisse – das alles ist eine echt gute Mischung.
Würdest du sagen, dass dein Studiengang innovativ ist? Wenn ja, warum?
Der Masterstudiengang „Data Science“ ist auf jeden Fall innovativ und zukunftssicher. Das populäre Thema „Daten“ ist am Puls der Zeit. Ich weiß das zu schätzen, durch beziehungsweise mit Forschung die digitale Revolution mitgestalten zu können. Innovativ ist auch die besonders gut aufgestellte Studienorganisation: Die Professoren sind relativ jung. Und der Wechsel in die Online-Lehre funktionierte bei uns absolut reibungslos.
Lehrveranstaltungen sind an Gleis 13. In der Schulstraße befinden sich die Labore und Büros. Bei Wahlpflichtmodulen und Veranstaltungen des wissenschaftlichen Austausches ist man frei, auch Veranstaltungen an anderen Hochschulen, beispielsweise an der Universität Bielefeld zu belegen. Hierbei geht es darum, den Horizont zu erweitern und den wissenschaftlichen Austausch zu suchen. Ich hatte im Rahmen dieser Veranstaltung die Möglichkeit, verschiedene Konferenzen zu besuchen und an einer Summer School der Bucerius Law School in Hamburg teilzunehmen.
Stichwort „Forschungsprojekte“ – was kann man sich darunter vorstellen?
Dabei handelt es sich um klassische Projektarbeit ohne Lehrveranstaltungen. Jeder Studierende bewirbt sich bereits vor Beginn des Studiums auf ein Forschungsprojekt, das sich über das gesamte Studium zieht. Man arbeitet frei daran, aber eng mit ein bis zwei Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitenden und mit externen Firmen zusammen. Hierdurch wird erlerntes Grundlagenwissen direkt praktisch angewendet und nachhaltig verinnerlicht. In dieser Studienphase heißt es, am Ball zu bleiben und Zeit zu investieren. Meistens wird das Projekt zum persönlichen Steckenpferd und führt dazu, dass man bereit ist, den ein oder anderen Samstag zu opfern, um das Ganze weiterzuentwickeln.
Mein eigenes Forschungsprojekt mit dem Namen „Der KI-Rechtsberater“ verfolgt das Ziel, die Suche in juristischen Dokumenten zu verbessern, damit Juristen effizienter bei der Recherche werden. Ich möchte darüber hinaus aber auch valide juristische Informationen für juristische Laien zugänglich machen. Um die Suchfunktionen mithilfe von KI und Sprachmodellen zu verbessern, musste ich zunächst den aktuellen Forschungsstand ermitteln und mich damit auseinandersetzen, welche KI-Methoden sich überhaupt eignen. Im Rahmen der Masterarbeit habe ich den Prototyp „AILA“ (Artificial Intelligence Legal Advisor) entwickelt und diesen anhand einer Umfrage mit circa 50 Teilnehmenden evaluiert und mit anderen juristischen Informationssystemen verglichen. Aktuell bin ich noch dabei, die Ergebnisse für die Masterarbeit auszuwerten.
Gibt es ein Highlight während deiner Studienzeit?
Ja, auf jeden Fall! Ich fand es großartig, dass ich mein wissenschaftliches Paper, das ich zu meinem Forschungsprojekt verfasst habe, auf der Artificial Intelligence & Knowledge Engineering 2021 – coronabedingt natürlich online – vortragen konnte. Das war eine tolle Anerkennung meiner Arbeit.
Was sind deine beruflichen Pläne?
Ich war ein schlechter Realschüler und wollte mit 16 Jahren auf keinen Fall weiter zur Schule gehen. Also habe ich zunächst eine Berufsausbildung abgeschlossen und später dann in Teilzeit gearbeitet, um auf dem Abendgymnasium das Abitur zu machen. Anschließend konnte ich studieren. Nun wird mich meine persönliche Reise zur Fraunhofer-Gesellschaft nach Dortmund führen, wo ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeiten und promovieren werde. Ich freue mich darauf, wieder Zeit für neue thematische Fragestellungen zu haben. Davor möchte ich aber noch einmal zwei bis drei Monate einfach „durchatmen“.
Wie lautet dein Tipp für zukünftige Studierende?
Seid neugierig, lernwillig und schaut mit offenen Augen über den Tellerrand. Der Rest kommt dann von ganz allein!
Masterstudiengang Data Science (Forschungsmaster)
Studienabschluss: Master of Science (M.Sc.)
Studienmodell: Vollzeitstudiengang
Studiendauer: 4 Semester
Studienbeginn: Sommer- und Wintersemester
Studienort: Gütersloh
Fachbereich: Ingenieurwissenschaften und Mathematik