Bei den Bildern der Künstlerin Franziska Jäger aus Harsewinkel steht eigentlich immer der Mensch im Fokus: Porträts und menschliche Körper malt sie – oft in abstrahierter Form. Doch da gibt es auch noch andere Motive …

Text: Sybille Hilgert . Fotos: Detlef Güthenke

„Die Kühe haben mich durch die Pandemie gerettet,“ sagt Franziska Jäger und deutet auf eines ihrer kleinformatigen Tierbilder. Der Hintergrund: Als sie im Jahr 2020 ihren Master in Kunst und Kommunikation absolviert hatte, machte sie sich selbstständig. Und dann kam die Pandemie. „Ich habe heulend im Atelier gesessen und mich gefragt, wie es weitergehen soll. Menschen, die mich inspirieren, haben Masken getragen. Es gab kaum Kontakt. Das Einzige, was ich hier auf dem Land gesehen habe, waren Kühe.“ Ihr Instinkt, dass den Menschen in dieser Krisenzeit der Sinn nicht nach gesellschaftskritischen Themen stand, trog sie nicht, und die Tierbilder wurden zum Verkaufsschlager.

Lieber malen als spielen
„Es hilft ja nichts, wenn ich von meiner Kunst nicht leben kann“, sagt sie ganz pragmatisch. Nicht von der Kunst leben zu können, habe sie schon abgeschreckt, ihrer Berufung nachzugehen. Gemalt hat sie schon immer. „Ich wollte schon im Kindergarten lieber malen als mit anderen Kindern spielen.“
Mit 14 Jahren fing sie an, Porträts anzufertigen und verdiente damit ein wenig Geld. Nach dem Schulabschluss machte sie ein freiwilliges soziales Jahr. Dann fing sie doch an, Kunstgeschichte und Kunst zu studieren und wusste sehr schnell, dass diese Entscheidung genau richtig war. Denn „meine ganze Energie muss irgendwann raus, muss zu einem Bild werden, dann bin ich zufrieden.“

Ihre Eltern haben sie auf diesem Weg immer unterstützt. Jede Ausstellung der Tochter wird mit Stolz verfolgt. Die hat ihr Atelier mittlerweile im Obergeschoss ihres Elternhauses in Greffen. Hier hat sie eine Druckwerkstatt, in der sie Linol- und Holzschnitte sowie Radierungen fertigt. In einem weiteren Raum befindet sich das Malatelier. Die Bilder, an denen sie gerade arbeitet, sind von den Chroniken ihres Großvaters inspiriert. Die Motive: Honoratioren der Stadt, Dorfbevölkerung, eine von Männern umrahmte Schützenkönigin in kühlem Graublau, akzentuiert mit hellen Farben. Man erkennt die alten Motive, die durch die besondere Farbgebung sehr modern wirken. Die Bilder werden am 9. und 10. Dezember in einer Ausstellung während des Weihnachtsmarktes im Bürgerhaus in Greffen zu sehen sein.

Spiel von Licht und Schatten
Im Lager gibt es zahlreiche weitere Werke, viele davon im Großformat. „Da kann ich mich richtig austoben“, sagt sie. Die meisten zeigen Menschen oder das Zusammenspiel von Menschen. Gerne auch als Abstraktionen, als Spiel von Licht und Schatten, so dass der Betrachter eine Weile braucht, um das komplette Bild zusammenzusetzen. Sie malt in Acryl und Öl, manchmal auch einer Mischung von beiden – je nach Stimmung und Jahreszeit.

Aber auch eine Künstlerin muss sich mit alltäglichen Dingen wie der Beantwortung von Mails, der Beantragung von Fördergeldern oder Stipendien, der Organisation von Ausstellungen oder – ganz profan – Steuerunterlagen beschäftigen. Das erledigt Franziska Jäger meist als erste Tagesaufgabe und geht dann ins Atelier. Abends gibt sie häufig noch Mal- und Zeichenkurse oder leitet Online-Museumsrundgänge.

Mit der Frustration arbeiten
Falls einmal die Inspiration fehlt, „kann ich immer noch Leinwände bauen oder Drucke anfertigen. Es ist aber auch spannend, an solchen Tagen die Situation einfach zu durchbrechen und doch zu malen. Dann zerstöre ich das Bild vielleicht drei Wochen später wieder. Mir macht es viel Spaß, mit meiner Frustration zu arbeiten, die ich dann wieder in Energie umsetzen kann.“

Franziska Jäger ist es ein wichtiges Anliegen, Kunst noch präsenter zu machen und den Menschen die Schwellenangst zu nehmen. Dazu macht sie zum Beispiel Malaktionen auf dem Harsewinkler Marktplatz, wo die Vorübergehenden an der Kunst gar nicht vorbeikommen.

Franziska Jäger liebt es, allein im Atelier zu sein und zu arbeiten. Mit befreundeten Künstlerinnen und Künstlern hat sie natürlich regelmäßig Kontakt, um sich auszutauschen. Manchmal malt sie auch mit einer befreundeten Künstlerin über Skype. „Wir reden und malen dabei – zum Beispiel, wenn wir an Aufträgen arbeiten.“ Und ja, Franziska Jäger nimmt auch gerne Auftragsarbeiten an, denn die haben eine lange Tradition in der Kunstgeschichte und sind keinesfalls eine Entehrung der Kunst, wie sie oft zu hören bekommt.

Temporäre Galerie in Gütersloh
Zurzeit entwirft Franziska Jäger die ersten Weihnachtskarten, denn bei ihr startet bereits die Weihnachtssaison. In Gütersloh wird es zudem eine Druckaktion an der Tiegelpresse des Stadtmuseums geben, bei der die Künstlerin am 9. Dezember Weihnachtskarten drucken wird. Eine Dauerausstellung befindet sich in der Spiekergasse in Gütersloh, bei der ein leerstehendes Schaufenster zur temporären Galerie wird. Im nächsten Jahr werden wir noch einiges von ihr zu sehen bekommen. Zum Beispiel bei der Gütersloher Galerie Art Colori. Und wer in Venedig ist, kann in der Galerie „Venezia Viva“ ihre Drucke bestaunen.

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