Fotos: Detlef Güthenke

Von der verwunschenen Holzhütte über fertige Bausätze aus dem Baumarkt bis hin zum modernen Appartement auf Stelzen – kein Baumhaus ist wie das andere. Allen gemein indes ist: Das Wohnen unter Wipfeln erfüllt einen Kindheitstraum und verspricht eine ganz besondere Atmosphäre.

Der mächtige Baum mit ausladenden Ästen; einen Bollerwagen voll mit alten Brettern, etwas Wellblech, Schrauben und Nägeln; Hammer und Säge: Viel mehr braucht man nicht als kindlicher Häuslebauer. Das genügt, um draußen im Gehölz seinen ganz geheimen Rückzugsort hoch in der grünen Laubwildnis zu zimmern.
Kissen, Kuscheldecke und Comics, Teppichreste und Taschenlampe – und schon ist das verborgene Reich in luftiger Höhe gemütlich. Eines noch – und dann sind die Piraten der Lüfte rundherum glücklich: Der Fress-Korb am starken Tau. Kuchen und Kakao, Snacks und Limo werden so im Nu hochgezogen und schmecken himmlisch nach Abenteuer und Freiheit.
Kost und Logis im luftigen Heim gibt es ausschließlich für: Lieblings-Geschwister und beste Freunde, Indianer und Piraten, Bandenmitglieder oder Clubmembers. Vor unwillkommenem Besuch rettet die hochgezogene Sprossenleiter. So sieht sie aus, die romantisch verwunschene Variante des Baumhauses, die auch heute noch viele Erwachsene zum Träumen einlädt. Einmal wieder Kind sein …

Bausatz und Trend-Architektur
Etwas weniger improvisatorisch warten die unzähligen Modelle an Baumhaus-Bausätzen und kindgerechten Fertighäusern auf, die neben Sandkasten, Klettergerüst und dem obligatorischen Plastikpool inzwischen fast jeden Garten solider Einfamilienhäuser bis zum blickdichten Gabiobenzaun füllen. Hier wird nichts dem Zufall überlassen, sondern brav die detaillierte Bauanleitung befolgt. Aber auch im Modell „Luftschloss“ in „Jonas Wolkenheim“ oder „Lisas Laube“ spielen die Kids von heute gerne, an der frischen Luft und genormt sicher.
Die selbst gezimmerte Bretterbude aus kunterbuntem Second hand sowie das Baumhaus von der Stange sind jedoch nicht die alleinigen Varianten vom grünen Hausen in luftiger Höhe. Moderne Baumhäuser sind beliebte Möglichkeit, sich seinen eigenen, sehr individuellen Wohnraum zu erschaffen, in dem man – bei inzwischen jedwedem erdenklichen Wohnkomfort – sein grünes Glück findet.
Attraktiven Wohnkonzepte versprechen naturnahes Wohnen – in der Einöde ebenso wie in dörflichem Umfeld oder sogar gänzlich urban. Sie haben als alternative Form des Wohnens und Lebens längst Einzug gehalten in die nachhaltige Trend-Architektur von heute. Hersteller, die sich auf gänzlich auf den Baumhaus-Bau spezialisiert haben, bieten die ganze Bandbreite an Behausungs-Modellen vom Spielhaus über das Wochenend-Domizil bis hin zum veritablen Erst-Wohnsitz.

Voll im Trend – Epkes Kamp Tree Houses
Dem Trend nach einem alternativen Wohnen im Blätterwald ist auch der Gütersloher Ingo Hanneforth gefolgt und hat den Traum vom hochmodernen Baumhaus vor drei Jahren in die Realität umgesetzt. Sein perfekter Platz: ein 500 Quadratmeter großes Baugrundstück mit neun mehr als 100 Jahre alten Eichen. Sie zu erhalten und das Bauland im Hintergrund der historischen Hofstelle Epke optimal zu nutzen, führten den Landschaftsgärtner eine Bau-Ebene höher als üblich. Unter dem Motto „Wohnen in den Baumkronen“ logiert man hier im Epkes Kamp Nummer 6 in knapp vier Metern Höhe – wahlweise als Mieter auf Zeit oder als Pensionsgast.
„Natürlich habe auch ich als Kind Baumhäuser gebaut: Wir haben eine Palette in die Astgabel gelegt, Bretter drumherum genagelt, Wellblech darauf geschraubt – und fertig war unsere Behausung, denkt der Landschaftsgärtner noch gerne an die kindlichen Bauaktivitäten zurück. Dennoch ist er mehr als stolz auf seine moderne Interpretation des Bauens mit – oder besser gesagt „im“ – Baumbestand. Dabei hat er als hochmotivierter Bauherr aus dem Vollen geschöpft und gediegen bauen lassen.
Die Bauarbeiten zu den beiden Vorzeige-Objekten waren dabei ebenso besonders wie die Ergebnisse! Hanneforth erinnert sich an den nicht immer einfachen und hoch spannenden Planungsprozess: „Das war architektonisch schon eine echte Herausforderung! Üblicherweise werden die Maße für die Zeichnungen ja bodennah genommen. Doch die Bäume mit ihrem teils kräftigem Schiefstand schrieben ihre ganz eigenen Zahlen, und die ein oder andere Berechnung geriet so im Vorfeld ins Wanken: Die als Module vorgefertigten Hauselemente mussten schließlich genau in die natürlichen Gegebenheiten passen.

Schutz der Bäume im Fokus
Großes Augenmerk beim Baumhausbau legte die Crew um Architekt Reinhard Michel und Christian Burg, Chef des Steinhagener Betriebes für Zimmerei und Denkmalpflege, auf den Schutz der Bäume. So wurde rund um das Wurzelwerk nicht mit Baggern gearbeitet, sondern für das Fundament, um Kabelage und Rohre zu verlegen, wurde das Erdreich mit Spezialgeräten vorsichtig ausgesaugt. Auf Fixierungen an den Baumstämmen durch Nägel, Schrauben oder auch Manschetten wurde komplett verzichtet. „Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass die Appartements gar nicht an den Bäumen befestigt sind. Sie stehen auf Stelzen und sind einfach bis auf den Zentimeter genau in den Baumbestand hinein gezirkelt“, erläuterte Bauherr Hanneforth die Konstruktion. Am besten erkennbar ist dies beim „Appartement Ost“. Hier wurde mit ganz viel handwerklichem Geschick um eine Eiche herum gebaut. Diese wächst nun gefühltermaßen durch den Raum – ist nur durch die Fensterscheibe nach draußen verbannt. Vom Bett aus sieht man via Panoramafenster geradewegs hinein die Baumkronen und von dort direkt in den Himmel …
Die Liebe zur Natur spielt nicht nur bei der Konstruktion der Baumhäuser, sondern auch bei der Auswahl der Materialien eine große Rolle. Unbehandeltes Lärchenholz bildet die Außenwand. Heimische Fichte – mit ökologischem Leinöl bestrichen – kleidet den Innenraum aus und duftet frisch. Sanft schwingen die Bodenbohlen aus Eichenholz bei jedem Schritt und belegen: Man befindet sich auf einem fantastisch natürlichen Wohnterrain.

Gediegener Komfort, erstklassiger Service
Beide Baumhaus-Appartements sind jeweils bequem über eine breite Außentreppe zu erreichen und durch die in den sonnigen Süd-Westen ausgerichteten Balkone erweitert. „Klein, aber fein“ lautet das Motto für die Innenausstattung der anderthalb Zimmer, die durch die offene Gestaltung ein Höchstmaß an Großzügigkeit auf rund 35 Quadratmetern offerieren. Voll ausgestattete Küche, modernes Duschbad, stilvolles sowie hoch funktionales Mobiliar, Radio, Kabelfernsehen und Highspeed Internet – es fehlt wirklich an nichts. Ja, sogar eine Klingelanlage mit Freisprechanlage bringt moderne Technik hoch hinauf in die Baum umrahmten Tinyhouses.
Wirtschaftsräume – ebenerdig – komplettieren die beiden Appartements: Hier ist nicht nur die zentrale Heizungsanlage angesiedelt, Waschmaschine und Trockner, Gartengerätschaften und Fahrräder finden hier ebenso ihren Platz. Die Autos der Gäste parken in zwei separaten Carports.
Das rundherum Sorglos-Wohnpaket der Baumhäuser enthält zudem so praktische Services wie das Reinigen der Appartements und den regelmäßigen Austausch von Handtüchern und Bettwäsche.

Apropos Services. Wie sieht es unter den mächtigen Eichen denn aus mit der Gefahr durch den Eichenprozessionsspinner? Wird hier vorgesorgt? „Wir kontrollieren während der Saison tatsächlich jeden Tag die Bäume, schließlich hat auch der Kreis Gütersloh mit der fiesen Raupe zu kämpfen. Bislang hatten wir damit allerdings keine Probleme. Würden wir ein Nest entdecken, würde es selbstverständlich sofort professionell entfernt“, sagt Hanneforth und berichtet, dass die Wespen seinen Baumhäusern viel eher zu schaffen machen könnten: „Wir passen sehr gut auf, dass sich die Wespen nicht in der Außenverkleidung der Baumhäuser ansiedeln. Wenn die Wespen dort hausen, fangen sie an zu bohren, und das würde das Holz nachhaltig schädigen.“ Wespen-Nestattrappen tun neben der Sichtkontrolle ihr übriges, um die Insekten auf Abstand zu halten.

Frisch Verliebte und wieder getrennt
Neben Wochenendgästen, die sich zum Entspannen in die Baumwipfel begeben, hat Ingo Hanneforth immer auch Mieter, die für einige Monate in die ungewöhnlichen Wohneinheiten einziehen. „Das ist im Grunde wie beim Wohnen auf Zeit: Beide Appartements können als möblierte Wohnung genutzt werden, und so bringen beispielsweise Firmen ihre Mitarbeiter hier unter“, erklärt der Baumhaus-Eigentümer. Beliebt sind die Stelzenhäuser, die als „Epkes Kamp Tree Houses“ weit über den Kreis Gütersloh bekannt sind und unter anderem im „Architekturführer für nachhaltiges Bauen und Stadt und Land“ porträtiert werden, auch bei Fahrradtouristen und bei frisch verliebten Hochzeitspaaren. Zuletzt allerdings, das erzählt Ingo Hanneforth schmunzelnd, hätten einige „Trennungs-Opfer“ kurzfristig zur Zwischenmiete eingecheckt …

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