Das Klinikum Gütersloh rekrutiert Profis aus dem Ausland mit System

Pflegekräfte sind aus gutem Grund gefragte Fachleute. Das Klinikum Gütersloh hat deshalb nicht nur die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht, sondern gemeinsam mit der Bürgerstiftung Gütersloh und der Erich und Katharina Zinkann-Stiftung, die dafür insgesamt 216.000 Euro bereitstellt, ein umfassendes Projekt für die Integration von gut ausgebildeten Pflegekräften aus dem Ausland ins Leben gerufen. Pflegedirektorin Andrea Eickhoff erklärt, warum das Projekt gute Chancen auf Erfolg hat.

Fotos: Klinikum Gütersloh

Welche Fragen stellen sich die Bewerber, die aus Indien und der Dominikanischen Republik in den Kreis Gütersloh kommen, und wie können Sie unterstützen?

Andrea Eickhoff: Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die neuen Kolleginnen und Kollegen gut in ihrem Team ankommen und sich hier wohlfühlen. Dazu gehört zum Beispiel Unterstützung bei sprachlichen Anfangsschwierigkeiten, beim Eröffnen eines Kontos, bei der Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung und bei Behördenterminen. Einige der Kandidatinnen aus Indien und der Dominikanischen Republik kennen Deutschland nur aus dem Fernsehen. Sie lernen, wie das deutsche Gesundheitssystem funktioniert, aber sie möchten auch wissen, wie der Alltag hier aussieht: Wie sie zu ihrer Arbeit kommen, wie das Klima ist, wie sich Jahreszeiten anfühlen, welche typischen deutschen Gerichte und Gewohnheiten es gibt – und wie sie hier Anschluss finden. Auch die Frage nach religiösen Bräuchen beschäftigt die neuen Kolleginnen und Kollegen

Wie beschreiben Sie den Bewerberinnen aus dem Ausland unsere Region?

Andrea Eickhoff: Wir profitieren im Klinikum Gütersloh von einer familiären Arbeitsatmosphäre, viele Mitarbeitende arbeiten seit vielen Jahren bei uns, manche Familien sogar über mehrere Generationen. Gütersloh ist keine anonyme Großstadt, sondern ein Ort, an dem man ankommen und sich einbringen kann. Die Stadt ist grün, man kann sich hier toll mit dem Fahrrad fortbewegen, und ist vom Zentrum aus in wenigen Minuten auf dem Land. Öffentliche Bibliotheken, eine funktionierende Infrastruktur, ein angenehmes Klima und solide gebaute Wohnungen und nicht zuletzt eine gute Gesundheitsversorgung, das alles sind Standortvorteile, die Bewerberinnen und Bewerber aus dem Ausland überzeugen.

Wie ist die Idee entstanden Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren?

Andrea Eickhoff: Wir müssen aktiv werden, wenn wir Lösungen für den Fachkräftemangel in der Pflege finden wollen. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht haben, dass wir höhere Einstiegsgehälter zahlen und flexible Arbeitsmodelle anbieten. Rekrutierung im Ausland ist ein weiterer Baustein. Im Klinikum Gütersloh arbeiten wir dabei mit einer Doppelstrategie: In Indien arbeiten wir mit einer Agentur zusammen, die vor Ort bereits ein Netzwerk aufgebaut hat und von deren Erfahrung wir sehr profitieren. In der Dominikanischen Republik haben wir die Kandidatinnen und Kandidaten über persönliche Kontakte rekrutiert. Das hat den Vorteil, dass wir die potentiellen Mitarbeitenden schon in ihrem Heimatland kennenlernen und eine Bindung aufbauen. Das hilft nicht nur bei der Auswahl der Bewerber, sondern auch beim kulturellen Verständnis. Bei vielen der dortigen Kandidaten kennen wir die Lebensumstände, waren bei Ihnen zuhause und haben ihre Familie kennengelernt.

Wie genau wird das Projekt ablaufen?

Andrea Eickhoff: Der erste Baustein ist die sprachliche Schulung der neuen Kolleginnen und Kollegen. Die Bewerber machen schon im Heimatland einen mehrmonatigen Sprachkurs, den sie mit mindestens B1 abschließen, das ist schon ein gutes Alltagssprachniveau. In Deutschland folgt ein weiterer Sprachkurs, den die Kandidaten mit dem Sprachzertifikat B2 abschließen. Diese guten Sprachkenntnisse sind ein ganz wichtiger Schlüssel für eine gute Zusammenarbeit und ein Ankommen hier in Deutschland. Zweiter wichtiger Baustein ist die Vorbereitung auf die sogenannte Kenntnisprüfung, die insgesamt acht Monate dauert. Die neuen internationalen Pflegekräfte, haben zum Teil schon mehrere Jahre Berufserfahrung in ihrem Job. Mit der Kenntnisprüfung stellen sie unter Beweis, dass sie auch im deutschen System als vollwertige Fachkräfte arbeiten können. Gemeinsame Aktivitäten helfen, ein Wir-Gefühl zu schaffen. Das kann eine Kanutour oder eine Radtour oder gemeinsames Kochen sein. Wir haben darüber hinaus ein Patenprogramm ins Leben gerufen, mit ein bis zwei Paten pro Station, die die neuen Kollegen bei allen Fragen unterstützen, für sie da sind und dafür sorgen, dass die Integration ins Team klappt.

In den 1950er- und 1960er-Jahren sind Menschen als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, soll es diesmal anders laufen?

Andrea Eickhoff: Wir haben ein großes Interesse daran, dass die neuen Kollegen langfristig bei uns bleiben. Ein Großteil der Teilnehmer hat bereits Familie und den festen Wunsch, nach der Anerkennung den Partner sowie Kinder nach Deutschland zu holen. Und gerade für Familien hat Gütersloh eine echte Bleibeperspektive. Deshalb investieren wir auch soviel in Integration und Ausbildung. Dank der finanziellen Unterstützung durch die Erich und Katharina Zinkann-Stiftung konnten wir einen Beauftragten für Rekrutierung und Integration einstellen, der für die neuen Mitarbeitenden als Ansprechpartner im Alltag da ist und der viele Jahre Erfahrung in der Qualifizierung und Unterstützung von internationalen Fachkräften mitbringt. Benjamin Hans und seine Kolleginnen haben sich bereits um Wohnungen für die Fachkräfte aus Indien und der Dominikanischen Republik gekümmert. Ein Patenprogramm sorgt dafür, dass die neuen Kolleginnen und Kollegen auf jeder Station eine persönliche Ansprechperson haben, die sie bei allen Fragen unterstützen kann. Im Herbst ist eine neue Praxisanleiterin für die Ausbildung der Internationalen Pflegekräfte im Klinikum gestartet. Sie hat für die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ in Zentralafrika gearbeitet und hat große Erfahrung in der Aus- und Weiterbildung von Pflegekräften mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund und in der Führung von internationalen Teams. Ich bin überzeugt, dass dieses Konzept aus vielen unterschiedlichen Bausteinen den Bewerbern viele Ängste nimmt und ihnen und uns eine verlässliche Perspektive für eine gute und langfristige Zusammenarbeit bietet.

Bewerberinnen

Praseetha Kumari (Indien)

Sie kommt nach Deutschland, weil das deutsche Gesundheitssystem weltweit einen exzellenten Ruf hat. In ihrem Heimatland Indien arbeitet sie als Krankenschwester in der Orthopädie. „Meine Tante hat in Berlin für eine NGO gearbeitet und mir viel über Deutschland erzählt, für mich ist es eine echte Chance, in Deutschland zu arbeiten, und meine Familie unterstützt mich sehr dabei.“ Ihr Ehemann hat sie auf das Bewerberprogramm aufmerksam gemacht, er ist Airport-Manager und kann sich ebenfalls gut vorstellen, in Deutschland zu leben.

Antonia Yosmairy Carvajal (Dominikanische Republik)

Für Antonia Yosmairy Carvajal ist das Projekt mit dem Klinikum Gütersloh schon jetzt eine Erfolgsgeschichte. Die 34-Jährige arbeitet bereits seit mehr als zehn Jahren als Intensivkrankenschwester in einem Krankenhaus in Santo Domingo, der Hauptstadt der Dominikanischen Republik. Seit März sitzt sie zusammen mit sieben Kolleginnen jeden Tag im Deutschkursus. Im Sommer 2024 will sie im Klinikum Gütersloh anfangen. Die studierte Pflegekraft hat einen Bachelor-Abschluss und zwei Kinder, beide Anfang zwanzig, die selbst schon studieren. „Ich freue mich auf die Arbeit in Deutschland, weil ich hier eine Menge lernen kann, gutes Geld verdiene und meine Kinder unterstützen kann“, sagt Carvajal.

Estreicy Penelope Santos Abreu (Dominikanische Republik)

Estreicy lebt in Santo Domingo, der Hauptstadt der Dominikanischen Republik. Ihr Mann ist Arzt, und beide könnten sich ein Leben in Deutschland vorstellen. „Das Bewerberprogramm des Klinikum Gütersloh mit seiner fundierten fachlichen und sprachlichen Ausbildung könnte für mich und meine Familie die Basis für eine Zukunft in Deutschland sein.“

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