Interview: Christian Horn . Fotos: Detlef Güthenke

Arbeitgeber müssen sich heutzutage einiges einfallen lassen, um Mitarbeitenden an das Unternehmen zu binden beziehungsweise neues Personal für sich zu gewinnen. Oft reichen ein gutes Gehalt und ausreichender Urlaubsanspruch allein nicht mehr aus. Wie kreativ die Unternehmen und Betriebe im Kreis Gütersloh dieser Herausforderung begegnen, dokumentiert der Wettbewerb „Mitarbeitende.gewinnen“, ausgerichtet von der pro Wirtschaft GT (im folgenden proWi). In einem feierlichen Festakt wurden am 17. Oktober 2023 im Gerry-Weber-Showroom in Halle/Westfalen die neuen Preisträger gekürt.

Mehr als 1.000 Personen hatten sich am öffentlichen Online-Voting beteiligt und in der Mehrzahl für die Maßnahme der Diakonie Gütersloh gestimmt, die Quereinsteigern bei vollem Gehalt eine Einarbeitungszeit von zwei Monaten in der neuen Akademie der Diakonie ermöglicht. Eine Auszeichnung, die für Markus Friedrich, Leiter des Qualitäts- und Bildungsmanagements der Diakonie, einen hohen Stellenwert genießt: „Wir freuen uns unheimlich über diesen Preis. Schließlich zeichnet diese Wahl nicht nur unsere Innovation aus, sondern bestärkt uns darin, diesen Ansatz konsequent weiterzuverfolgen.“ Innerhalb von nur sechs Wochen konnten zehn Stellen mit Quereinsteiger neu besetzt werden, für Friedrich ein Beleg dafür, dass die Maßnahme dazu beiträgt, die Attraktivität des Pflegeberufs wieder zu steigern. „Schließlich sind die neuen Kollegen nicht nur großartige Verstärkungen, sondern auch wichtige Multiplikatoren. Daher werden wir dieses Angebot dauerhaft als zertifizierte Maßnahme zur Mitarbeitergewinnung bei uns anbieten.“ Neben einem Preisgeld von 1.500 Euro durften sich die Vertreter der Diakonie über eine 1,2 Meter hohe Skulptur freuen, die von der Wirtschaftsinitiative Kreis Gütersloh als wichtiger Förderer der Initiative zur Verfügung gestellt wird.

Erstmals konnten sich in diesem Jahr aber gleich zwei Unternehmen über erste Plätze bei „Mitarbeiter.gewinnen“ freuen. Erster Gewinner des neu geschaffenen Jury-Sonderpreises ist die Josef Haupthoff GmbH, ein Bauunternehmen mit starkem Fokus auf Nachwuchskräfteentwicklung. Zentrale Idee der Maßnahme: Auszubildende, Junggesellinnen und Junggesellen verantworten in Abstimmung mit einem Bauleiter, der beratend zur Seite steht, von Anfang bis Ende ein komplettes Bauvorhaben. Drei Bauprojekte sind bereits realisiert, ein viertes soll Anfang 2024 starten, erzählt Michael Haupthoff, der den Preis im Namen des Teams entgegennahm: „Ich freue mich unheimlich für die jungen Leute, die dieses Projekt mit großem Elan und Engagement vorantreiben. In der Auszeichnung drückt sich Wertschätzung und Anerkennung aus, Tugenden, die im Tagesgeschäft oft leider zu kurz kommen.“ Die Idee für das Projekt habe er schon vor zehn Jahren gehabt, aber erst jetzt konnte sie realisiert werden „Schließlich braucht man dafür nicht nur fähige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sondern auch die passenden Auftraggeber. Daher gilt mein Dank auch an die Bauherren, die uns vertraut haben.“

Thematischer Fokus über die Jahre erweitert

Die Berufs- und Arbeitswelt befindet sich in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess, ein Wandel, der sich auch in der Geschichte des Wettbewerbs widerspiegelt, der erstmals im Jahr 2007 unter der Schirmherrschaft des „Lokalen Bündnis für Familie im Kreis Gütersloh“, einer Kooperation zwischen der Bertelsmann Stiftung, dem Kreis Gütersloh und der proWi, unter dem Titel „FAMILIE GEWINNT“ ausgetragen wurde. Stand vor 16 Jahren noch das Thema familienfreundliche Arbeitswelt im Mittelpunkt, hat sich der Fokus des Wettbewerbs, der seit 2016 in Eigenregie im Kreis Gütersloh von der proWi ausgerichtet wird, mittlerweile in Richtung Arbeitgeberattraktivität verschoben. „Angesichts der zahlreichen Veränderungen in der Arbeitswelt war es uns wichtig, das Spektrum der Maßnahmenabfrage zu weiten und neben den wichtigen Teilbereichen Familie und Mitarbeiterbindung auch die Themen Mitarbeitergewinnung und -entwicklung aufzunehmen. Schließlich sind diese Aspekte in Zeiten des Fachkräftemangels, der in vielen Branchen schon zum Arbeitskräftemangel geworden sind, wichtige Bausteine der Arbeitgeberattraktivität“, erläutert Nikola Weber, Geschäftsführerin der proWi.

Eine Neuausrichtung, die sich sowohl in der thematischen Zielsetzung als auch in den Modalitäten des Wettbewerbs ausdrückt. Wurden bei den ersten Ausgaben die teilnehmenden Unternehmen selbst bewertet, stehen heute konkrete Einzelmaßnahmen im Mittelpunkt, die auf die Arbeitgeber-attraktivität des einreichenden Unternehmens einzahlen sollen. Dr. Marita Reinkemeier, Referentin für Unternehmensentwicklung bei der proWi: „In einer schnelllebigen und dynamischen Arbeitswelt müssen Wirtschaftsakteure oft kurzfristig und anlassbezogen auf Entwicklungen reagieren. Dies gilt auch für die strategisch wichtigen Themen Mitarbeitergewinnung, -entwicklung und -bindung. Der Wettbewerb soll die Anstrengungen der Unternehmen sichtbar machen, so dass nun einzelne Maßnahmen bewertet werden. “ Eine Änderung im Modus operandi, die weitere Vorteile mit sich bringt, weiß Nikola Weber: „Damit ist der Wettbewerb im Vergleich zu den Vorjahren deutlich niederschwelliger und ermöglicht es auch kleineren Unternehmen, sich mit einer einzelnen Maßnahme einzubringen. So haben alle, vom etablierten Global Player bis hin zum kleinen Handwerksbetrieb, die gleichen Chancen, ihre guten Ideen für mehr Arbeitgeberattraktivität und gegen den Fachkräftemangel im Wettbewerb sichtbar zu machen.“

Schlanke Prozesse, hohe Transparenz

Wie im Vorjahr, wurden die Gewinner 2023 in einem zweistufigen Prozess ermittelt. Aus den 18 eingereichten Maßnahmen wählte eine 13-köpfige Jury, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Kommunalverwaltung, Verbänden und Wirtschaftsakteuren, auf Basis von sechs Bewertungskriterien sechs finale Maßnahmen aus, die im anschließenden Online-Voting gegeneinander antraten. Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Voting konnten drei Stimmen an die drei jeweils überzeugendsten Maßnahmen vergeben. Ein klar strukturierter, schlanker Prozess, der auch 2023 würdige Sieger fand, so Dr. Marita Reinkemeier, die aber auch den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer Respekt zollt: „Letztlich sind die eingereichten Maßnahmen auch immer Meilensteine in der Entwicklung des jeweiligen Unternehmens, das sich mit seinem Engagement wertschätzend gegenüber den eigenen und potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeigt. Diese Haltung wollen wir mit unserem Wettbewerb unterstützen und gleichzeitig allen Akteuren Mut machen, auch in Zukunft daran anzuknüpfen. Schließlich wird die Ressource Mensch ein kostbares, aber knappes Gut bleiben, das es auch in Zukunft wertzuschätzen gilt.“

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