Holz ist DER Werkstoff fürs Gefühl
faktor³ im Gespräch mit Architekt Thomas Spooren
Gesund leben, schön wohnen, nachhaltig bauen – das macht glücklich! Und zwar rundherum. Egal, ob es das komplette Traumhaus aus dem nachwachsenden Rohstoff ist, ob Holz als anpassungsstarker Baubestandteil genutzt wird oder als Prima-Klima-Garant im Innenraum – wer sich für Eiche, Buche, Kiefer & Co. entscheidet und als Werkstoff wählt, ist ganz natürlich: Happy mit Holz.
Bauen und Wohnen mit Holz liegt im Trend. Mit hervorragenden bautechnischen Eigenschaften hat Holz, das ja zu Urzeiten schon einmal der Baustoff Nummer eins war, ein eindrucksvolles Comeback geschafft. Und zwar nicht nur im Gebäude-Außenbau. „Back to the woods“ könnte es auch heißen, wenn man sich die Gestaltung der Innenräume anschaut. Damit ist selbstverständlich nicht die muffige Stube mit dunkler Paneel-Verkleidung und vollmöbliert mit Eiche rustikal gemeint. Der moderne Innenausbau mit Holz besticht heutzutage trotz heimeliger Attitüde nämlich durchaus mit heller und trendiger Leichtigkeit.
Bautechnisch vielversprechend
Viele Argumente sprechen für den stets nachwachsenden Werkstoff, bei dem die Eigenschaften gesund, nachhaltig und ökologisch ganz besonders im Fokus stehen. Neben diesen durchaus positiven Umwelt- und Wellness-Aspekten ist Holz, obwohl – oder gerade weil es natürlich ist – bautechnisch ganz schön pfiffig. Nicht nur in seinen ureigensten hölzernen Eigenheiten, sondern auch, was sein Verbauen angeht. Forschung und Technik haben sich mächtig ins Zeug gelegt und Bauweisen entwickelt, die den Einsatz von Holzprodukten ins 21. Jahrhundert gebeamt haben, so dass es nicht mehr nur die gute alte Blockhütte ist, die sich mit Holz zimmern lässt: Dank des sogenannten Kreuzlagenholzaufbaus beispielsweise lassen sich Gebäude verwirklichen, die auch im urbanen Umfeld ihren Platz haben und wichtige Funktionen erfüllen – ganz unten angefangen bei der U-Bahnstation bis hoch hinauf zum Wolkenkratzer. Besonders bewährt hat sich das Thema „Bauen mit Holz“ auch auf dem Fertighaus-Sektor: Im Werk gezimmert, punktet der Baustoff durch einen besonders hohen Vorfertigungsgrad. Da man das Gros der Gebäude aus Holz als reinen Trockenbau errichten kann, entfällt zudem eine austrocknungsbedingte Verzögerung. Es geht also schnell, das Bauen mit Holz – wenn nicht gerade ein Lieferengpass den Materialnachschub in die Länge zieht und die Kosten derzeit doch ziemlich in die Höhe treibt …
Wohlig und gesund
Holzverkleidung im Innenausbau sorgt für ein holziges Plus an Lebensqualität, was Wohlgefühl und Gesundheit angeht: Massives Holz schafft durch seine gleichbleibend angenehme Oberflächentemperatur, durch seine warme Coloration und vor allem auch durch seine Fähigkeit, die Luftfeuchtigkeit zu regulieren, ein überaus behagliches und zudem gesundes Wohnklima.
Dank Holz steigert man seine Konzentration und profitiert tatsächlich von seiner positiven Ausstrahlung – im Innenausbau, aber auch in der Außenansicht. Denn ein Holzhaus sendet durchweg heimelige Signale aus, vermittelt Wärme und Geborgenheit.
Holz beruhigt die Herzfrequenz, hat eine antibakterielle Wirkung und enthält sogenannte Polyohenole, die eine Reihe von gesundheitsfördernden Eigenschaften aufweisen. Es absorbiert üble Gerüche und gesundheitsschädliche Stoffe wie Zigarettenrauch aus der Raumluft. Selber emittiert Holz in unbehandeltem Zustand keine schädlichen Gase. Ganz im Gegenteil: Gerade Nadelhölzer wie Kiefer duften wunderbar und verströmen wohltuende ätherische Öle, die als Seelentröster wirken.
Wo kommt Holz beim Hausbau als Werkstoff zum Einsatz?
Überall beim Massivbau, beim Rahmenbau, bei geneigten Dächern, also bei Dachstühlen, aber auch bei Flachdächern und – last but not least – beim Innenausbau sowie beim Mobiliar.
Wenn kompaktes Holzhaus – ist das primär die kanadische Blockhütte aus massiven Baumstämmen oder sind da moderne Variationen?
Da beim Holzbau die Brandgefahr natürlich immer mitschwingt, gibt es hier von Seiten der Behörden sehr hohe Auflagen. Aus Brandschutzgründen werden heutzutage häufig Mischbauweisen, also beispielsweise Kombinationen aus Holz und Beton, eingesetzt.
Ist Holz im Kreis Gütersloh überhaupt angesagt? Süddeutschland, so das Bauamt, würde wenig in massiver Holzbauweise gearbeitet. Woran könnte das liegen?
Es gibt tatsächlich auch hier in Gütersloh Vorbehalte gegenüber dem brennbaren Baustoff Holz. Die Erinnerung an die verheerenden Brände nach Bombenangriffen im 2. Weltkrieg sind im Westen in die nächste Generation transportiert worden. Das war ja in anderen Regionen damals etwas weniger schlimm. Auch aus diesem Grund ist der Holzbau beispielsweise in Bayern populärer. Es gibt dort viel mehr Zimmereien, die mit ihren modernen Holzbauten die Kulturlandschaft prägen.
Ein dickes Argument fürs Holz als Baustoff: nachwachsender Rohstoff. Aber es dauert doch sehr lange, bis ein Baum „Schlagreife“ hat und genutzt werden kann. Ist das dennoch alles so umweltfreundlich wie dargestellt?
Natürlich dauert es, bis ein Baum „ausgewachsen“ ist. Dennoch ist der Werkstoff Holz sehr nachhaltig, weil er der Atmosphäre CO2 entzieht und somit bindet. Darüber hinaus produzieren Bäume ja den Sauerstoff, den wir zum Atmen brauchen. Bäume haben da also eine wichtige Doppelfunktion. Hinzu kommt: Energie wird im Gegensatz zur Herstellung von Mauersteinen, Beton, Stahl oder Aluminium nicht benötigt. Lediglich für das Fällen, den Transport und die Verarbeitung muss Energie aufgewendet werden.
Wie kommt Holz zum Einsatz als Werkstoff zum Einsatz?
Holz ist ein Universalbaustoff, der sich vielfältig verarbeiten lässt. Neben ganzen Stämmen kommt Holz vornehmlich in Form von Balken und Brettern zum Einsatz. Aber auch als Verbundplatten, bei denen Holzspänen oder -fasern mit Kunstharzleim zu einem homogenen Werkstoff geformt werden, nutzt man Holz beim Bau. Holzwolle lässt sich zum Dämmen übrigens sehr gut verbauen.
Welches sind aus bautechnischer Sicht die herausragenden Eigenschaften von Holz? Zum einen als Werkstoff an sich, zum andern im Hinblick auf die Konstruktionsprozesse?
Holz ist relativ leicht und dennoch durch seine mechanische Festigkeit statisch hoch belastbar. Ohne zusätzliche Baustoffe besitzt es gute Dämmeigenschaften. Mit Holzbaustoffen können hocheffi-ziente Gebäude und sogar Passivhäuser errichtet werden!
Holz lässt sich selbst vom Laien mit einfachen Werkzeugen wie Säge, Hobel und Schleifpapier bearbeiten, Es lässt sich problemlos recyclen, und schlussendlich können die sonst nicht mehr verwertbaren Reste unsere Wohnungen beheizen.
Wo gerät Holz aus bautechnischer Sicht an seine Grenzen?
Aufgrund des größeren Gewichtes sind aus Schallschutzgründen natürlich Mauersteine und Beton oder Lehm überlegen. Bei größeren Spannweiten von Decken, Dächern oder gar großen Brückenbauwerken ist Stahl dem Holz haushoch überlegen, aber es gibt inzwischen interessante Ansätze für Optimierungen, gerade im mehrgeschossigen Wohnungsbau.
Welches sind Faktoren für die Seele beim Thema Bauen mit Holz – und woher, meinen Sie, rühren diese?
Holz ist ein natürlicher Bau- und auch Brennstoff, der weltweit die ganze Menschheitsgeschichte geprägt hat. Denken Sie nur an die menschlichen Behausungen, die einfachen Karren und die Schifffahrt. Unsere Vorfahren haben sich auf Bäumen entwickelt. Gehölze sind außerdem Arznei und Obstlieferanten, nicht zu vergessen die leckeren Nüsse und Esskastanien. Wälder sind der natürliche Lebensraum von vielen wilden Tieren und Pflanzen – sie haben unsere Mythologien früh geprägt, wie beispielsweise die Märchen der Gebrüder Grimm eindrucksvoll belegen.
Welches Holz sollte nicht verbaut werden, weil es ökologisch nicht in Ordnung wäre?
Es sollten unbedingt nur heimische Hölzer verarbeitet werden. Wir brauchen intakte Urwälder, um alle natürlichen Kreisläufe für unser gefährdetes Klima aufrechtzuerhalten. Unsere heimische Eiche, aber auch die Kiefer und die Lärche sind da sehr widerstandsfähig gegenüber tierischen und pflanzlichen Schädlingen. Wir benötigen für unsere Wirtschaft kein Tropenholz, das außerdem mit viel Energie transportiert werden muss.
Holzbau ist einerseits fast altbacken, andererseits wieder Trend. Wie passt das zusammen?
Also zunächst mal: Holz reflektiert relativ wenig Licht. Glas war früher sehr teuer, deshalb wurden wenige eher kleine Fenster mit schlechten Wärmedämmeigenschaften eingesetzt. Daher waren Holzhäuser früher meist dunkel. Heute können Holzbauten mit großen Glasflächen und interessantem Materialmix viele Menschen begeistern.
Holz pur oder in Kombination – wie sieht eigentlich Ihr absolutes Traumhaus aus?
Jeder Mensch hat sehr individuelle Träume. Ich persönlich bevorzuge die spannende Mischung aus alten Bauwerken, die oft mit sichtbaren Holzbalkendecken und hölzernen Dachstühlen errichtet wurden, und Anbauten oder Ergänzungen mit modernen Baustoffen wie Sichtbeton, geschliffenem Zementestrich und Zinkblechen. Holz, Lehm, Stroh und auch Hanf sind wunderbare Baustoffe, die sich wegen ihrer Elastizität hervorragend ergänzen.