„Der beste Kreis der Welt“ liegt auch solar ganz vorn

Sowohl im gewerblichen Sektor als auch auf privaten Hausdächern setzt „Der beste Kreis der Welt“ Akzente. Arvato zum Beispiel hat allein in Gütersloh auf seinen Hallen PV-Anlagen installiert, die pro Jahr etwa 3,35 Millionen kWh Strom erzeugen. Und auf der Anbieterseite hat der drittgrößte Solarteur Deutschlands in unserem Kreis seine Heimat – Energieversum. Und das Potenzial auf Gewerbeflächen und Wohngebäuden ist bei weitem nicht ausgeschöpft. Zurzeit werden in Deutschland weniger als zehn Prozent der Dächer von Logistik- und Gewerbeimmobilien mit PV-Anlagen ausgestattet.
Zum Jahresanfang lenkte das PV-Magazin den Blick nach Ostwestfalen: „In keiner anderen der 100 größten deutschen Städte wurde 2023 pro Kopf so viel Photovoltaik-Leistung auf Hausdächern installiert wie in den beiden ostwestfälischen Kommunen Paderborn und Gütersloh“, heißt es dort. Das Fachjournal beruft sich auf eine Studie, die den Zubau privater Anlagen seit dem Jahr 2000 ausgewertet hat. In Gütersloh wurden demnach insgesamt 33,6 Megawatt (MW) Leistung pro 100.000 Einwohner installiert. Nur Paderborn stand bundesweit mit 37,4 MW noch besser da. Im Jahr 2023 eroberte Gütersloh mit allein 9,4 MW zusätzlicher Leistung aus privaten Anlagen bundesweit die Spitze vor Paderborn (8,6 MW).

2023 setzte sich Gütersloh beim PV-Zubau auf privaten Dächern wieder an die Spitze
Schon 2022 machte Gütersloh Schlagzeilen, weil sich die Dalkestadt im „Wattbewerb“ den Patz an der Sonne angelte. Bei der von Fridays for Future Deutschland, Parents for Future Germany, Scientists for Future Deutschland und Fossil Free Karlsruhe gestarteten „Solar-Challenge“ belegte Gütersloh wochenlang Platz eins. In der aktuellsten Auswertung zum 30. September 2023 rangieren auch hier Paderborn und Gütersloh an der Spitze der 100.000-Einwohner-Städte. Mehr als 350 Städte und Gemeinden haben sich mittlerweile beim „Wattbewerb“ registriert, um transparent über ihre installierte Leistung zu informieren. Neben privaten Hausdächern fließt hier auch der PV-Zubau auf öffentlichen Gebäuden und Gewerbetrieben ein. Gütersloh kommt seit Februar 2021 auf 231 Watt je Einwohner, also insgesamt auf eine Leistung von 23,3 MW.

PV-Anlagen auf sieben Hallendächern unterstützen die Energie-Wende im Kreis Gütersloh
Einen großen Anteil daran hat der massive Ausbau der Solarenergie durch Arvato: Auf insgesamt sieben Hallendächern in Gütersloh hat das Bertelsmann-Tochterunternehmen fast 10.000 PV-Module mit einer Leistung von 3.700 Kilowatt peak (kWp) installiert. „Sie erzeugen insgesamt rund 3.350 Megawattstunden pro Jahr für unseren Standort – das entspricht ungefähr dem Bedarf von rund 1.000 Haushalten“, erklärt Miriam Flocke, Senior Manager Sustainability bei Arvato.
Neben dem Thema Energie zählt dabei das Gebäudemanagement zu den wichtigsten Stellschrauben, wenn es um die Reduzierung klimaschädlicher Emissionen geht. Zunächst war geprüft worden, wie tragfähig die Hallendächer sind. Danach erhielten die Dächer der Logistikhallen Solarmodule auf einer Gesamtfläche von 20.000 Quadratmetern, was in etwa der Größe von drei Fußballfeldern entspricht. Rund 2,9 Millionen Euro ließ sich Arvato das kosten – Wechselrichter und ein Trans-formator inklusive. Der produzierte Strom führt zu Einsparungen von etwa 400 Tonnen CO2 im Jahr.
Arvato stattet auch an anderen Standorten im Kreis Gebäude großflächig mit Solarmodulen aus. „In Harsewinkel sind bereits PV-Anlagen mit einer Leistung von 749 kWp in Betrieb. Weitere 850 kWp befinden sich aktuell in der Umsetzung“, so Miriam Flocke. In OWL, aber auch deutschlandweit, hat Arvato das technisch machbare Potenzial an PV-Anlagen auf eigenen Gebäuden damit ausgeschöpft. Weltweit sind bereits 19 Standorte mit Anlagen ausgestattet.
Rund um die Welt sind Bertelsmann-Unternehmen derzeit damit beschäftigt, ihre Prozesse klimafreundlicher zu gestalten. Ziel ist es, bis 2030 klimaneutral zu sein. So hat Arvato seine Standorte weltweit auf Ökostrom umgestellt. Dabei wird entweder grüner Strom über den lokalen Stromversorger bezogen oder – sofern dies nicht möglich ist – über Erzeugungsnachweise eingekauft, und zusätzlich werden die eigenen Gebäude mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet, um selbst „grünen“ Strom zu erzeugen. „Als globaler Logistikdienstleister geht unser Einsatz über den Transport von Waren von A nach B hinaus. Mit unserem Handeln setzen wir uns dafür ein, die Umwelt positiv zu beeinflussen und zu einer nachhaltigeren Zukunft beizutragen“, erklärt Miriam Flocke.

Grüne Energie vom eigenen Dach für alle leicht zugänglich machen
Mit einem ganzheitlichen Ansatz ist 2010 Energieversum-Gründer René Möllenbeck gestartet: „Wir wollen Grüne Energie vom eigenen Dach für alle Menschen leicht zugänglich machen.“ Er setzt bei Photovoltaik und Batteriespeichern auf ein All-Inclusive-Paket mit einem Investitionsschutz, der bis zu 25 Jahre in die Zukunft reicht. Sein Unternehmen hat bis heute mehr als 30.000 Anlagen in ganz Deutschland installiert. Als drittgrößter Anbieter gehört Energieversum seit 2019 zur EnBW-Gruppe, hat sich aber seinen Anspruch als verlässlicher Handwerksbetrieb bewahrt. „Im Geschäftsjahr 2022 haben wir fast 8.000 Photovoltaikanlagen mit Batteriespeicher und mehr als 1.600 Wallboxen verkauft“, berichtet René Möllenbeck. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2023 zum zweiten Mal in Folge deutlich über 200 Millionen Euro. Zwölf Standorte betreibt das Unternehmen aktuell.

Der Hauptsitz befindet sich in Gütersloh. Noch. Denn das Unternehmen hat Flächen für eine neue Zentrale in Steinhagen erworben. 2023 begann der schrittweise Umzug direkt an die A 33. Während des rasanten Wachstums der Vorjahre waren Lager, Werkstatt und Büros immer wieder zu eng geworden. Daher verteilte sich Energieversum auf drei Areale in Gütersloh. „Trotz des Wachstums ist mir es wichtig, dass wir unseren Charakter des ehrlichen und qualifizierten Handwerksbetriebs bewahren“, erklärt Möllenbeck. Vertrauen und Verlässlichkeit haben für Kunden einen enorm hohen Stellenwert. Deshalb kamen alle Strukturen und Prozesse auf den Prüfstand. „Für die Kunden wurde ein Benachrichtigungs-Management eingeführt, das maximale Transparenz von der Planung der Anlage bis zur Inbetriebnahme gewährt“, erklärt der Geschäftsführer. „Und bei unseren Standorten habe wir erkannt, dass zentrale Abteilungen wie Logistik, Finanzen und die kaufmännischen Bereiche an einem Ort gebündelt sein müssen.“ Hier lebt Energieversum die Energiewende selbst vor: „Die von uns betriebenen Photovoltaikanlagen an unseren Standorten haben eine Gesamtleistung von 651 kWp“, so Energieversum-Sprecher Andreas Freund. „Damit sparen wir jährlich circa 375 Tonnen CO2 ein – genauso viel CO2 wie 30.000 Bäume jährlich binden können.“

Potenzial auf Logistik- und Industrieimmobilien: PV-Anlagen könnten 121 Gas- oder Kohlekraft-werke ersetzen
Neben den privaten Dächern nehmen die Experten von Energieversum Immer stärker das Potenzial gewerblicher Anlagen in den Blick. Und das ist enorm, wie aus einer aktuellen Studie des Hamburger Immobilienentwicklers Garbe Industrial Real Estate hervorgeht: „Das Dachflächenpotenzial von Logistik- und Industrieimmobilien für PV-Anlagen könnte die Leistung von 36 Kernkraftwerken oder 121 Gas- oder Kohlekraftwerken ersetzen“, berichtet Tobias Kassner, Head of Research von Garbe. Zurzeit sind laut Studie weniger als zehn Prozent der Dächer von Logistik- und Industrieimmobilien mit PV-Anlagen ausgestattet.
Zahlreiche Hürden behindern Projektentwickler und Eigentümer beim schnelleren Ausbau. „Um die Energiewende zu beschleunigen, braucht die Branche vor allem Planbarkeit und Geschwindigkeit bei allen beteiligten Partnern“, betont Moritz Wickert von Garbe Renewable Energy-GREEN, dessen Unternehmen große PV-Anlagen entwickelt, baut und betreibt. Das betreffe die Tarifauktionen der Bundesnetzagentur ebenso wie die Zusammenarbeit mit Projektentwicklern und Bestandshaltern. Konkret sei auch das Tempo bei Netzanschlüssen und Inbetriebnahmen von Anlagen aktuell zu langsam. Wickert: „Zudem ist die Komplexität des Energierechts an sich oftmals eine große Herausforderung – speziell für Unternehmen, die sich selbst versorgen wollen.“
Dabei wären PV-Anlagen auch aus wirtschaftlicher Sicht attraktiv. Deutschland verfügt über ein kommerziell nutzbares Potenzial von 362,8 Millionen Quadratmetern Dachfläche auf Industrie- und Gewerbeliegenschaften ab 5.000 Quadratmetern, auf denen mehr als 36 Gigawatt Strom durch PV-Anlagen erzielt werden könnten, so die aktuelle Analyse von Garbe Industrial Real Estate. Photovoltaikanlagen könnten damit zu einem großen Teil zum Ausstieg aus der fossilen Verstromung beitragen.
Rund 32.500 Logistik- und Industrieimmobilien hat Garbe im Rahmen der Studie analysiert. Doch nicht alle eignen sich für die Erzeugung von Solarstrom. Häufigster Grund sei der schlechte bauliche Zustand. „Es wäre aber erstrebenswert, 80 Prozent der Dächer nutzbar zu machen“, sagt Kassner. Das entspräche einer Kapazität von 29 Gigawatt und Investitionen in Höhe von 24,6 Milliarden Euro.

Allein auf Gewerbedächern im Kreis stünden 1.060 Hektar Fläche für PV-Anlagen bereit
Für den Kreis Gütersloh hat die Abteilung Umwelt im Jahr 2022 ein Potenzial von 1.060 Hektar Fläche auf gewerblichen Dächern ausfindig gemacht, die für die Stromerzeugung zur Verfügung stünden. Diese Fläche entspricht laut Kreis etwa 1.500 Fußballfeldern. Mit einer Leistung von potenziell 1.000 MW könnten 200.000 Einfamilienhäuser mit erneuerbarem Strom versorgt werden.
Die Politik hat sich Anfang 2023 gegen gezielte Beratungsprojekte für Gewerbebetriebe entschieden. Energiewende und Transformationsdruck der Wirtschaft böten auch ohne Förderung genug Anreize, das Potenzial in den kommenden Jahren zu heben. Und dennoch: Wenn nur ein Teil davon realisiert wird, steht Gütersloh wohl auch in den nächsten Jahren wieder an der Spitze diverser Solar-Zubau-Rankings.

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