Von der „Bibliothek der Dinge“ bis zur „Saatgutbibliothek“ – die Stadtbibliothek Werther entwickelt sich

Öffentliche Bibliotheken verändern sich (wie alles andere auch): Sie werden immer mehr zu Aufenthalts- und Begegnungsorten und ihre Ausleihangebote erweitern sich. Susanne Damisch, Leiterin der Stadtbibliothek Werther, gewährt Einblicke in eine der kleinsten hauptamtlich geführten öffentlichen Bibliotheken im Kreis Gütersloh mit 1.300 angemeldeten Leserinnen und Lesern. Sie berichtet von der Geburtsstunde der dortigen „Bibliothek der Dinge“ und von der „Saatgutbibliothek“ – der jüngsten Weiterentwicklung im Haus Werther an der Schlossstraße.

Text: Tatjana Wanner . Fotos: Detlef Güthenke

Frau Damisch, die Veränderungen in der Bibliothekswelt gehen auch an der Stadtbibliothek Werther nicht spurlos vorüber. Was können Sie berichten?

Damisch: 2021 haben wir renoviert. Seitdem gibt es deutlich mehr Sitzgelegenheiten, Arbeitsplätze, Konsolenspiele, einen Tisch zum Ausprobieren und eine kuschelige Lesehöhle für Kinder. Unsere neuen Regale auf Rollen bieten mehr Anpassungsmöglichkeiten an zukünftige räumliche Anforderungen und andere Veränderungen.

Seit wann gibt es in der Stadtbibliothek Werther die „Bibliothek der Dinge“, und was waren die Gründe, dieses Angebot mit aufzunehmen?

Damisch: Als wir 2019 unser Fünf-Jahres-Konzept weitergeschrieben haben, war das Thema „Bibliothek der Dinge“ – also das Angebot über analoge und digitale Medien hinaus physische Gegenstände zum Verleih anzubieten – bereits in aller Munde.
Wohl wissend, dass die Realisierung für uns eine echte Herausforderung darstellen würde, haben wir uns in kollegialer Runde einstimmig dafür entschieden. Unser erster Versuch ist dann allerdings aus finanziellen Gründen gescheitert. Zwei Jahre später ergab sich die Möglichkeit, am Förderprogramm „Vor Ort für Alle“ teilzunehmen. Dabei handelte es sich um ein Projekt des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv) im Rahmen des Programms „Kultur in ländlichen Räumen“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Mit etwa 3.800 Euro aus diesem Fördertopf sind wir dann noch einmal neu gestartet.
Den Anfang machten damals 28 neu angeschaffte Dinge, plus 19 Dinge wie E-Book-Reader, Tonie-Boxen, Tiptoi-Stifte etc., die wir bereits in unserem Bestand hatten und die inzwischen den Bereich „Erzählen & Lernen“ kennzeichnen. Inzwischen zählt unsere Bibliothek der Dinge 60 ausleihbare Gegenstände oder Experimentier-Sets.

Berücksichtigen Sie bei der Auswahl bestimmte Zielgruppen und Themenfelder?

Damisch: Ja, zu unseren Zielgruppen zählen in erster Linie Kinder und Familien. Das ergibt sich allein schon durch die Größe der Stadt Werther mit ihren gut 11.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Dann bedienen wir bei der Bibliothek der Dinge unterschiedliche thematische Bereiche. Da ist zum einen der „MINT-Bereich“, bei dem Experimentier-Materialien ausgeliehen werden können, so zum Beispiel ein Green-Screen, ein Heimplanetarium, ein Kosmos-Windrad oder Beebot-Roboter. Zum anderen gibt es den Bereich „Spiel & Sport“ mit Outdoorspielen, einer Sofortbildkamera oder einer Seifenblasenmaschine, die bevorzugt für Hochzeitsfeiern ausgeliehen wird. Der Bereich „Kreatives“ umfasst einzelne themengebundene Kreativsets oder auch Dinge für Heimbüro-Tätigkeiten.

Wie wählen Sie die Produkte aus und welche Kriterien spielen dabei eine Rolle?

Damisch: Die ersten Sachen haben wir aus dem Bauch heraus gekauft, eigentlich nach dem Prinzip „Trial and Error“. Dabei ging es uns in erster Linie darum, Dinge anzubieten, mit denen unsere Nutzerinnen und Nutzer ins Ausprobieren kommen können. Wir schauen natürlich auch, was die anderen Bibliotheken im Angebot haben. Beim Kauf versuchen wir darauf zu achten, den örtlichen Handel zu bevorzugen und beachten bei Qualität und Nachhaltigkeit auch Kundenrezensionen im Netz.
Inzwischen haben wir am Standort unserer Bibliothek der Dinge eine Pinnwand installiert. Dort suchen wir den Austausch und fragen konkret: „Was wünschen Sie sich in der Bibliothek der Dinge? Was können Sie noch beisteuern?“. Da sind dann natürlich auch Ideen dabei, die wir nicht realisieren können. Denn tatsächlich haben wir für die Bibliothek der Dinge keinen zusätzlichen Etat. Wir bekommen aber manchmal auch Dinge geschenkt. So ist der kürzlich gewünschte Schulwebrahmen bereits vorhanden und kann kurzfristig in die Bibliothek der Dinge mit aufgenommen und zum Verleih angeboten werden.

Gibt es „Dinge“, die besonders beliebt sind?

Damisch: Tatsächlich hat eine Leserin den Dörrautomaten, angeschafft vom Umweltbüro anlässlich des Werther Apfeltages, bereits zum zweiten Mal ausgeliehen und ich könnte mir vorstellen, dass sie ihn auch noch ein drittes Mal ausleihen wird. Ganz oben auf der Vorjahres-Hitliste der Ausleihen steht das Starter-Set des Kugelbahnsystems „GraviTrax“ für Kinder ab 8 Jahren. Aber auch das Astro-Teleskop, die Apfelschälmaschine oder die Outdoor-Balanciersteine „River Stones“ waren 2023 beliebte Ausleihgegenstände.

Inwiefern ist das Stichwort „Sharing Economy“ für Sie von Bedeutung?

Damisch: Schon der Grundgedanke einer Leihbibliothek beinhaltet ja die Idee des Teilens – ursprünglich natürlich bezogen auf das Buch und seine Mehrfachnutzung. Die Bibliothek der Dinge ist nicht nur Teil der Sharing Economy, sondern wirkt sich für uns als Stadtbibliothek auch kooperationsstärkend aus. So leihen wir den Green-Screen ans Jugendzentrum aus. Vereine und Institutionen nutzen die Buttonmaschine – und wie schon berichtet, kooperieren wir unter anderem mit dem Umweltbüro bei Anschaffungen wie der Apfelschälmaschine und dem Dörrautomaten für unsere Bibliothek der Dinge.

Gibt es für Sie und Ihr Team Herausforderungen im Zusammenhang mit der Bibliothek der Dinge?

Damisch: Natürlich ist es immer wieder eine Menge Arbeit zu überprüfen, ob die Dinge vollständig zurückgegeben wurden. Unsere Erfahrung ist allerdings eine positive: Die Dinge kommen heile, meist vollständig und sauber zurück. Das klappt!

Die Stadtbibliothek Werther bietet inzwischen sogar eine Saatgutbibliothek an. Wie gut wird das Angebot, bei dem es eher ums Tauschen als ums Leihen geht, angenommen?

Damisch: Dank ehrenamtlicher Unterstützung und der Tatsache, dass drei von unseren vier hauptamtlichen Beschäftigten Hobbygärtnerinnen sind, bereits aus eigenen Beständen Saatgut beisteuern konnten, läuft das saisonale Angebot seit der Eröffnung im März vergangenen Jahres sehr gut.

Glauben Sie an den Erfolg der neuen nachhaltigen Ausleihangebote?

Damisch: Es sind auf jeden Fall Angebote, die wir beibehalten werden. Wie es weitergeht, das schauen wir einfach!

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