Seit mehr als zehn Jahren das große Musik-Ereignis
Text: Dr. Rolf Westheider | Fotos: Detlef Güthenke
„Große Robe, große Oper: Gesanglich ein Genuss, optisch eine Augenweide, das sind die Auftritte von Opus Arte.“ Regelmäßig beherrschen solche Schlagzeilen in der lokalen Presse die Berichte über die Auftritte einer Gesangsformation, die ihresgleichen sucht. Die Bretter, die die Welt bedeuten – sie befinden sich keinesfalls nur in Hamburg, Paris oder Mailand, sondern im ravensbergischen Halle, Versmold oder Werther. „Opus Arte“ und ihr Leiter Reiner Beinghaus sind hier zum Synonym für einzigartige Musikerlebnisse geworden, die alle Sinne maximal ansprechen: musikalisch, optisch und auch kulinarisch. „Mein Anspruch ist es, das Publikum in ein Meer der Gefühle zu versetzen mit traumhafter Unterhaltung, von der man noch lange zehrt, mit Schönem, das man mitnimmt und über den Tag hinaus in sich tragen kann“, so formuliert Beinghaus seinen hohen Anspruch. – Wie kam es dazu und vor allem warum hier?
Keine komplizierten Inszenierungen
Nach einigen Jahren als Countertenor an der Oper in Köln entschloss sich Beinghaus 2003 der Großstadt adé zu sagen. „Ich wollte dieses Leben nicht mehr. Musik ja – aber nur noch in Verbindung mit Haus und Garten, Hund und Hühnern und Idyll,“ sagte er 2016 rückblickend. Es zog ihn nach Borgholzhausen, einem Ort, der schon vielen Kreativen und Künstlern zur neuen Heimat wurde. Im Februar 2004 dann die Gründung der Gesangsformation „Opus Arte“: Musikbegeistere Laien, die Beinghaus im Einzelunterricht gesanglich ausbildete, für die er Kostüme schneiderte und die Arrangements bearbeitete. Vom Bühnenbild über Tontechnik, Beleuchtung bis zum Marketing und der Regie, Beinghaus kümmerte sich um alles, was für ein großes Opernevent erforderlich ist. Dann ein erster Auftritt in der Hechelei des Ravensberger Parks in Bielefeld mit sechs Damen und drei Herren. Auf dem Programm stand unter anderem die „Barcarole“ aus „Hoffmanns Erzählungen“ vom „Ohrwurmspezialisten“ Jaques Offenbach. Er habe einen sehr konservativen Musikgeschmack, sagt Beinghaus, eingängige Melodien müssten es sein, keine komplizierten Inszenierungen, die dem Publikum den Zugang zur Oper verwehren würden. Bei Ohrwürmern blieb es auch, als das Repertoire auf Operette, Musical und Schlager ausgedehnt wurde.
Aufmerksam auf die neu gegründete Borgholzhausener Operngruppe wurde Susanne Debour, die frühere Beauftragte für Kultur bei der Stadt Halle. Dank ihrer Unterstützung, so Beinghaus, sei die Open-Air-Reihe „Oper CulinAria“ in Halle zustande gekommen. Weitere Formate wie der Wertheraner Opernsommer im Innenhof des Schlosses oder die Opern-Gala im Versmolder Autohaus Nagel folgten und blieben für mehr als zehn Jahre. Kulinarische Bereicherungen vom Picknick bis zum Fünf-Gänge-Menue zeichnen all diese Veranstaltungsreihen aus. Weihnachtskonzerte in Hilter und Harsewinkel kamen hinzu, drei Silvester-Galas in der Stadthalle Gütersloh, weiterhin Auftritte bei Hochzeiten, Firmenfeiern oder sonstigen Anlässen. Sowohl die Anzahl der Akteure als auch der Umfang des Repertoires nahmen kontinuierlich zu. Allein mit dem Weihnachtsprogramm könnten 17 Stunden bestritten werden, wenn alles Eingeübte zur Aufführung käme, sagt Beinghaus mit sichtlichem Stolz auf die große Bandbreite des Repertoires, das jederzeit abrufbar und dann schon rasch wieder aufführungsreif sei.
Opus Arte ist flexibel und kann sich anpassen
2019, noch vor Corona, lag eine gewisse Abschiedsstimmung in der Luft. Nach 13 Jahren ging die Oper-CulinAria-Reihe in Halle vorläufig zu Ende. Ein besonderes Highlight erlebte Werther aus Anlass seines 300jährigen Stadtrechsjubiläums, für das Beinghaus ein ganz spezielles Casanova-Programm des Opern-Sommers entwickelt hatte. Nun aber sollten neue Ideen greifen, die Programme künftig weniger lang sein. Theaterworkshops sollten die Aktivitäten ergänzen und an die Anfangszeit anknüpfen, in der es auch schon einmal verschiedene Schauspielgruppen für Kinder, Erwachsene und auch Senioren gab. Zum „Lerchenhügel sollte er werden, der schöne Hof in Westbarthausen, auf dem Beinghaus seit 2016 lebt und arbeitet.
Dann kam Corona mit der langen Zwangspause, die Beinghaus, als es wieder möglich war, für intensive Einzelproben mit den Akteuren nutzte. So konnte ein qualitativer Einbruch vermieden werden. Vielmehr habe diese intensive Probephase „wahre Gesangs-Perlen“ ans Licht gebracht. Im Juli dieses Jahres in Werther dann wieder ein abgewandelter Opern-Sommer: zwei Konzerte, statt einem, dafür ohne Picknick. Opus Arte ist flexibel und kann sich anpassen. Etwa zwanzig Sängerinnen und Sänger freuen sich auf neue Herausfordungen, Reiner Beinghaus auf seine eigene Bühne in der „Wild-Lounge“ in Borgholzhausen, die in diesem Heft eine eigene Höfegeschichte wert ist. Seine Begeisterung für die Musik ist ungebrochen: „Das Feuer muss brennen!“ – Stammgäste und Fans wird es freuen, Neu-Entdecker sowieso.
www.opus-arte.de