Altfett-Aufbereitung senkt Energiekosten der Kartoffel-Manufaktur
Es ist noch früh am Morgen, als der silbergraue Spezial-Truck auf das Gelände von Schenke Delikatessen an der Rhedaer Straße abbiegt. Zwei Männer im Arbeitsoverall der Gütersloher Zimmermann-Gruppe steigen aus und schlagen in Windeseile dicke Schläuche an, die ihr Fahrzeug mit dem Gebäude verbinden. Anschließend pumpen sie die „Brühe“ aus dem Fettabscheider des Lebensmittelgeschäfts in den Bauch des Lkws. Keine 45 Minuten später ist der Spuk vorbei und der Truck wieder in dem morgendlichen Berufsverkehr verschwunden.
So wie hier, sammeln die Altfett-Entsorger der Gütersloher Zimmermann-Gruppe pro Jahr rund 2.500 Tonnen bei Gaststätten, Schlachtereien und Lebensmittelproduzenten im Kreis ein und liefern das Fett an die Biogas-Anlage der Kartoffel-Manufaktur Pahmeyer in Werther. Mit der gewonnen Energie werden dort über ein Blockheizkraftwerk die Produktion, das Lager, umliegende Büros und Häuser versorgt. Die nachhaltig produzierten Kartoffeln, Reibekuchen und Rösti landen am Ende über den Großhandel wieder in der Gastronomie – ein echtes Projekt der Kreislaufwirtschaft.
„Schon 1965 hat unser Unternehmen begonnen, Altfette in der Region einzusammeln und zu verwerten“, berichtet Marvin Zimmermann, zuständiger Geschäftsführer der Zimmermann-Gruppe. Im Wesentlichen handelt es sich um organische Fette aus der Gastronomie und der Lebensmittelproduktion. „In unserem Spezialfahrzeug werden die Abwässer aus den Fettabscheidern der Gastro-Kunden gefiltert“, so Marvin Zimmermann weiter. „Die Altfette werden abgeschieden. Das gereinigte Wasser wird wieder in die Anlagen der Kunden zurückgeführt und weiterverwendet.“ Durch das Entwässern reduziert sich die Fettmenge auf etwa die Hälfte. „Das spart Kosten beim Transport und hat auch Vorteile bei der späteren Verarbeitung in der Biogasanlage“, erläutert der Entsorgungsfachmann.
Biogasanlage deckt 90 Prozent des Strombedarfs
In der hofeigenen Biogasanlage der Kartoffelmanufaktur Pahmeyer können täglich bis zu 40 Tonnen Biomasse verarbeitet werden. „Schon seit 2005 nutzen wir dabei auch Altfette. Mit Zimmermann arbeiten wir seit 2020 zusammen“, berichtet Juniorchef Max Pahmeyer, zugleich Nachhaltigkeitsmanager im Familienbetrieb. Über das Jahr gerechnet liegt der Altfettanteil an verarbeiteter Biomasse bei etwa fünf Prozent.
„Die Nutzung unserer Biogasanlage stabilisiert unsere Energiekosten, da wir weniger von Preisschwankungen am Markt für Storm und Brennstoffe abhängig sind“, erklärt Max Pahmeyer. Besonders Reststoffe wie Altfett senken die Substratkosten und damit auch die Energiekosten. „Im Jahr 2023 hat unsere Biogasanlage 4,7 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt. Das sind mehr als 90 Prozent unseres Stromverbrauchs.“
Wärmemenge ersetzte 2023 etwa 180.000 Liter Heizöl
Neben dem elektrischen Strom wird im Blockheizkraftwerk reichlich Wärme erzeugt. „Diese Abwärme nutzen wir, um unser gesamtes Betriebsgebäude sowie Wohnhäuser im direkten Umkreis mit Heizenergie und warmem Wasser zu versorgen“, so der Juniorchef. Außerdem werden Kartoffelschalen, die in der Verarbeitung anfallenden, damit erhitzt und als Futter aufbereitet. Max Pahmeyer: „Allein im Jahr 2023 haben wir 1,8 Millionen kWh an Wärme aus der Biogasanlage genutzt. Das entspricht einem Verbrauch von knapp über 180.000 Liter Heizöl.“
Schon vor Jahrzehnten hat Geschäftsführer Uwe Pahmeyer den traditionsreichen Hof in Werther-Rotenhagen auf Nachhaltigkeit getrimmt. „Umweltfreundlich und langlebig“, das sind für den Vater von Max Pahmeyer wesentliche Vorgaben. Knapp 700 Hektar Ackerfläche bewirtschaftet der Familienbetrieb, davon etwa 400 Hektar für den Kartoffelanbau. Alles fast direkt vor der Tür. „Die Transportwege und die Wege zur Verarbeitung sind bei uns kurz“, erklärt Uwe Pahmeyer.
„Vom Feld bis auf den Teller aus einer Hand“
Als Hersteller von Kartoffelprodukten hat sich die 2008 gegründete Kartoffel-Manufaktur einen Namen gemacht. Unter dem Motto „Vom Feld bis zum Teller aus einer Hand“ wird der Großteil der Kartoffeln angebaut, auf dem Hof gelagert und zu frischen Kartoffelprodukten weiterverarbeitet. Zum Convenience-Sortiment für den Lebensmitteleinzel- sowie den Großhandel zählen Reibekuchen, Aufläufe, geschälte Kartoffeln und vieles mehr.
„Wir verarbeiten circa 21.000 Tonnen Kartoffeln jährlich. Wesentlich mehr als die Hälfte dieser Kartoffeln baut unser Landwirte-Team auch selbst an“, ergänzt Max Pahmeyer. Mit etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zählt die Kartoffel-Manufaktur zu den größten Arbeitgebern in Werther. Immer mehr Kunden aus dem Handel und der Gastronomie setzen auf nachhaltige Produkte und fragen gezielt nach. „Diesen wachsenden Bedarf können wir mit unserem nachhaltigen Anbau und der ressourcenschonenden Produktion bedienen“, sagt Max Pahmeyer. Das Unternehmen will auch in Zukunft mit kontinuierlichen Investitionen in PV-Anlagen, Gas- und Wärmespeicher die CO2-Emmisionen weiter reduzieren. Max Pahmeyer hat schon das nächste Projekt im Blick: „In der Produktion planen wir, Flüssiggasbrenner, die wir bisher zum Braten unserer Reibekuchen und Rösti nutzen, durch Biogasbrenner oder Induktionserhitzer zu ersetzen.“
Wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft
Der Beitrag zur Kreislaufwirtschaft freut auch Marvin Zimmermann: „Mit unseren Spezialtechnik verfügen wir über große Erfahrung bei der Altfett-Abholung, -Aufbereitung und -Verwertung. Und der Bedarf wächst weiter. Wir arbeiten ständig daran, den Kundenstamm und die verarbeiteten Mengen auszubauen.“ Unternehmen und Umwelt profitieren von der fachgerechten Reinigung der fettbelasteten Abwässer. „Unsere Kunden können sich einerseits um ihr Kerngeschäft kümmern“, so Marvin Zimmermann. „Andrerseits wird verhindert, dass Altfette ungereinigt in die öffentlichen Abwasserkanäle geraten.“
Letztlich profitieren auch Verbraucher von den nachhaltig produzierten Kartoffel-Produkten aus Werther, die dank Biomasse und Altfett mit weniger CO2-Emissionen produziert werden. So können die Kunden von Schenke ganz entspannt und mit gutem Gewissen ihre Rösti oder Reibekuchen genießen. Der Kreis schließt sich.